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Revision 9 vom 2011-01-27 23:17:54
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Revision 10 vom 2011-05-08 14:12:13
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Autor: anonym
Kommentar: + 23. TB BfDI, EU-BürgerInnen im AZR
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== Skandale ==

=== EU-Recht ist wurst ===

Im <<Doclink(2011-BfDI-TB23.pdf,23. TB des BfDI (2011)>> wird berichtet (8.2.1, S. 100), das EuGH-Urteil C-524/06 vom 16.12.2008, nach dem
das volle AZR-Programm die Rechte von EU-BürgerInnen massiv verletzt,
sei vom Bundesverwaltungsamt insbesondere im "automatisierten Abrufverfahren
und damit für einen Großteil der Abrufe" ignoriert worden; es seien auch
bestehende Suchvermerke nicht gelöscht worden, was das AZR weiter als
Sonderinstrument gegen straffällige AusländerInnen wirken lässt.
Der BfDI leitet daraus ab, im laufenden Gesetzgebungsverfahren zu
einer Überarbeitung der AZR-Regularien sei

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sowohl de[r] Umfang der im AZR gespeicherten Daten zu
Unionsbürgern deutlich zu reduzieren als auch die Übermittlung dieser Daten ausschließlich zu aufenthaltsrechtlichen Zwecken und nur an die in diesem Bereich zuständigen Behörden zuzulassen.
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Ausländerzentralregister (AZR)

Das Ausländerzentralregister ist eine der Datenbanken gegen MigrantInnen. Es enthält Personalien, Wohnsitze, Aufenthaltsverfügungen sowie weitere Daten von Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, die sich nicht nur vorübergehend in der BRD aufhalten oder aufgehalten haben (Aussonderungsprüffrist sind 10 Jahre). Es wird vom Bundesverwaltungsamt in Köln geführt (BVA über AZR). Einträge im AZR sind über INPOL recherchierbar.

Rechtsgrundlage

Das AZR wird im Gesetz über das Ausländerzentralregister geregelt. Bezüglich EU-BürgerInnen wurde das Gesetz 2008 vom EuGH als gegen Gemeinschaftsrecht verstoßend beurteilt. Vor Verabschiedung des AZRG wurde das Register bzw. seine Vorgängersysteme 40 Jahre lang ohne gesetzliche Grundlage betrieben.

Inhalt des AZR

Im AZR waren 2010 laut BVA 20.4 Millionen personenbezogene Datensätze gespeichert (1999: über 11 Millionen), was es zur Einschätzung brachte, es handele sich um "eines der großen automatisierten Register der öffentlichen Verwaltung in der Bundesrepublik Deutschland". In §2 AZR werden derzeit 16 Tatbestände aufgezählt, die eine Speicherung rechtfertigen. Neben dem nicht nur vorübergehenden Aufenthalt sind das u.a.

  • Asylantrag gestellt (vermutlich enthält das AZR also einen Teil von EURODAC

  • Hat Aufenthaltserlaubnis
  • Verdacht auf Staatsfeind, Wehrkraftzersetzer
  • falsche Volksdeutsche (als Spätaussiedler abgelehnt)
  • An oder durch die BRD ausgeliefert
  • Im Groben Formulierungen nach Artikel 96 bis 99 SDÜ (vgl. SIS), so dass

    • vermutlich eine Ausschreibung in SIS auch einen Eintrag im AZR nach sich zieht.
  • Abgeschoben

§3 AZR regelt, dass zu Personen gespeichert werden kann:

  • Speichergrund (Tatbestand nach §2)
  • Grundpersonalien plus Aliase etc
  • Foto
  • Familienstand, letzter Wohnort "im Herkunftsland", "freiwillig" Religionszugehörigkeit, Daten zu EhepartnerInnen

  • Sterbedatum
  • Hinweise/Angaben zu behördlichen Entscheidungen (BA für Arbeit, AusländerInnenbehörden, etc)

  • Quelle (Behörde, Aktenzeichen)

Auf das AZR greifen nach Auskunft der BVA "mehr als 6500 Partnerbehörden" zu: "Es dient den Verwaltungsbehörden zur Erfüllung von Aufgaben im ausländer- und asylrechtlichen Bereich, hat Unterstützungsfunktion als Instrument der inneren Sicherheit und wird für ausländerpolitische Planungen sowie für die Ermittlung steuerungsrelevanter Größen verwendet." Insbesondere kann wohl praktisch alle Polizei-EDV mehr oder minder direkt in AZR suchen; für NIVADIS (vgl. Datenbanken Niedersachsen ist das so publiziert). Ggf. können Gespeicherte versuchen, unter Hinweis auf "schutzwürdige[n] Interessen oder die einer anderen Person" eine Übermittlungssperre zu erwirken (§4). Unterhalb einer Einbürgerung ist eine Löschung wohl aussichtlos, solange mensch in der BRD lebt und kein rechtsgerichteter Ex-Diktator ist.

Ein Beschluss der Innenministerkonferenz von 2003 zur Bereinigung dieser Daten legt nahe, dass die Inhalte des AZR eher heterogene Qualität haben.

Big Brother Award

Das Bundesverwaltungsamt bekam 2006 für das AZR den Big Brother Award(Laudatio) für sein Lebenswerk.

Skandale

EU-Recht ist wurst

Im 23. TB des BfDI (2011 wird berichtet (8.2.1, S. 100), das EuGH-Urteil C-524/06 vom 16.12.2008, nach dem das volle AZR-Programm die Rechte von EU-BürgerInnen massiv verletzt, sei vom Bundesverwaltungsamt insbesondere im "automatisierten Abrufverfahren und damit für einen Großteil der Abrufe" ignoriert worden; es seien auch bestehende Suchvermerke nicht gelöscht worden, was das AZR weiter als Sonderinstrument gegen straffällige AusländerInnen wirken lässt. Der BfDI leitet daraus ab, im laufenden Gesetzgebungsverfahren zu einer Überarbeitung der AZR-Regularien sei

sowohl de[r] Umfang der im AZR gespeicherten Daten zu Unionsbürgern deutlich zu reduzieren als auch die Übermittlung dieser Daten ausschließlich zu aufenthaltsrechtlichen Zwecken und nur an die in diesem Bereich zuständigen Behörden zuzulassen.

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