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Revision 2 vom 2011-02-03 09:41:44
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Kommentar: + Jetzt wirklich der Kram aus ZugriffAuf
Revision 11 vom 2021-05-23 11:14:19
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Autor: anonym
Kommentar: + Salamitaktik bei Fotos
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= Melderegister =
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Im Rahmen der Föderalismusreform ist 2006 die ausschließliche Gesetzgebung für
das Melderecht auf den Bundesgesetzgeber übergegangen. Dieser plante dann den
Aufbau eines übergreifenden Bundesmelderegisters (BMR) in Ergänzung zu den
kommunalen Registern, dass bis Ende 2010 eingerichtet werden sollte.
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[[http://www.gesetze-im-internet.de/mrrg/index.html|Melderechtsrahmengesetz]] (MMRG) plus Landesregelungen. [[https://www.gesetze-im-internet.de/bmg/index.html|Bundesmeldegesetz]]. Mit der Föderalismusreform ist die Zuständigkeit für das Meldewesen an den Bund übergegangen, vorher hatte es das Melderechtsrahmengesetz (MMRG) plus Landesregelungen gegeben.

Weiter werden behördliche Zugriffsrechte im [[htjtps://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/pa_g_1986/gesamt.pdf|Passgesetz]] (§22a) bzw. im [[https://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/pauswg/gesamt.pdf|Personalausweisgesetz]] (§25) geregelt.
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Gespeichert wird nach §2 MMRG mindestens Gespeichert wird nach §3 BMG mindestens
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 * Familienstand incl. ggf. Datum der Eheschließung, ggf. Gatt``In, ggf. Kinder,  * Familienstand incl. ggf. Datum der Eheschließung,
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 * ggf. gesetzlicher Vertreter  * ggf. einige Daten zu gesetzlicher Vertreter_innen, Ehegatt_innen, Kindern,
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 * Übermittlungssperren (kann mit Begründung beantragt werden)  * Auskunfts- und Übermittlungssperren (vgl. unten)
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 * ggf. [[AZR]]-Nummer
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Alle Behörden nach Bedarf (§18 (1) MMRG), dann aber durch Basisdaten. Normal
(Abs. 2) muss die Meldebehörde prüfen, ob weitere Daten zur Erfüllung der
Aufgabe der Behörde nötig sind (in der Regel verfügt sie ja auch über jede
Menge kompetentes und motiviertes Personal für sowas). Für unsere Zwecke ist
das aber egal, denn Abs. 3 verbietet so eine Prüfung für Anfragen von
Geheimdienst, BKA, Bundespolizei oder Bundesanwaltschaft.
Alle Behörden nach Bedarf (§34 BMG), dann aber durch Basisdaten.
Weitere Daten können nach Verhältnismäßigkeitsabwägung (Abs. 3)
übertragen werden.

Seit den Post-Amri-Verschärfungen von 2017 dürfen die Polizeien und
Geheimdienste jederzeit im Melderegister recherchieren und insbesondere
auch die biometrischen Bilder abrufen; richtig funktionieren soll das
2021. NB: Das sind immer noch Recherchen mit Namen nach Bildern.
Recherchen von Bildern nach Namen sind immer noch ausgeschlossen.

Wie der LfDI Hamburg in seinem 28. TB (2019) feststellt (S. 29f), dürfen dabei Übertragungen an Polizeien und Geheimdienste nicht beim Melderegister protokolliert werden (wurden sie zwar in den Nordländern trotzdem, aber das wurde dann abgestellt). Das heißt, dass leider ein Auskunftsersuchen beim Melderegister (das wir auch nicht unterstützen, weil es so viele Meldebehörden gibt) keine Möglichkeit ist, Zugriffe der Polizei etwa auf die biometrischen Fotos zu registrieren.

Die Protokolle müssten nach §40 BMG bei Polizei und VS liegen. Sie dort beauskunftet zu kriegen, dürfte allerdings sehr schwierig sein.
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Nach §8 MMRG erteilt die zuständige Meldebehörde Auskunft. Die
Auskunft umfasst "regelmäßige Datenübermittlungen"; im Prinzip müssen
Übermittlungen an Polizei und Co für mindestens ein Jahr gespeichert werden,
eine Auskunftspflicht dafür scheint es aber nicht zu geben. §8 (5): Daten, die
die Meldebehörde von Geheimdiensten bekommen hat, werden nur mit ihrem
Einverständnis rausgerückt. TODO: Was für Fälle sind das?
Nach §8 MMRG erteilt die zuständige Meldebehörde Auskunft; bis zum
„Omnibusgesetz“ (Umsetzung der DSGVO) 2019 waren die meisten Übermittlungen vom
Auskunftsrecht ausgeschlossen, inzwischen besteht auch für diese
Auskunftspflicht. Im Prinzip müssen Übermittlungen an Polizei und Co für
mindestens ein Jahr gespeichert werden. §8 (5): Daten, die die Meldebehörde
von Geheimdiensten bekommen hat, werden nur mit ihrem Einverständnis
rausgerückt.
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== Auskunft an Dritte ==

Gehört zwar eigentlich nicht hierher, aber trotzdem: [[http://www.gesetze-im-internet.de/bmg/BJNR108410013.html#BJNR108410013BJNG000701116|Unterabschnitt 2 des Bundesmeldegesetzes]] beschäftigt sich mit Aukünften aus dem Melderegister an nichtstaatliche Stellen; das war historisch insbesondere von Werbetreibenden genutzt worden, und einer der größeren Skandale, in die der radikalautoritäre Hans-Peter Uhl verwickelt war, bezog sich auf das Einschmuggeln von Datenhandel-Regelungen während der 2012er-Meldegesetz-Verschärfung in letzter Sekunde ([[https://de.wikipedia.org/wiki/Hans-Peter_Uhl#Reform_des_Melderechts_und_Adressdatenhandel|Zusammenfassung in der Wikipedia]]).

Während der Omnibusgesetz-Überarbeitung wurden die diesbezüglichen Bürgerrechte sprürbar gestärkt; die Gruppenauskunft nach §46 ist jetzt nur mehr möglich, wenn sie „im öffentlichen Interesse“ liegt (wozu leider offenbar auch die Bundeswehr gezählt wird, die mittels Gruppenauskünften regelmäßig Jugendliche fürs Töten werben möchte).

Mit öffentlichem Interesse in diesem Sinn kann ausgewählt werden nach Geburtsdatum, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Anschrift, Ein- und Auszugsdatum sowie Famlienstand.

Diese Übermittlungen können erschwert werden durch einen Sperrvermerk nach §51 BMG; dafür müssen die Betroffenen aber glaubhaftmachen, dass „durch eine Melderegisterauskunft eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen erwachsen kann“, was zumindest schwierig ist. Mit so einem Sperrvermerk fragt die Behörde vor einer Übertragung nach (oder lässt sie ganz).

Analog können Menschen im Knast, in Pflegeeinrichtungen oder in der Reha nach §52 BMG einen bedingten Sperrvermerk einrichten lassen; die Meldebehörde muss dann vor einer Übertragung prüfen, ob „ine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen ausgeschlossen werden kann”.

= Skandale =

== Salamitaktik bei biometrischen Bildern ==

Als im Gefolge von 9/11 biometrische Bilder in den Personalausweis
kamen, hieß es anfänglich, diese würden nur auf dem Ausweis gespeichert
und nur ausgelesen, um Maschinen die Prüfung der Identität zu
ermöglichen. Bis das Gesetz fertig war, wurden die Bilder bereits in
den Melderegistern gespeichert, 2010 war dann der Zugriff der Polizei
für Strafverfolgung und Prävention erlaubt, 2017 dann durchgehender
Zugriff auf die Daten für Polizei und Geheimdienste. Natürlich hat das
trotz Gesetz noch lange nicht funktioniert, weshalb 2021 dann die
Übertragung der Fotos in zentrale Datenbanken auf Länderebene
legalisiert wurde – ein atemberaubender Weg von „nur lokal zur
Identitätskontrolle“ zu „zentraler Speicherung mit breiter
Nutzungsmöglichkeit“.

2020 hat die deutsche Regierung beschlossen, ab 2021
[[https://www.datenschmutz.de/gc/fingerperser.html|Personalausweise nur noch mit Fingerabdruck]]
auszugeben. Natürlich mit Fingerabdrücken lokal und nur zum
Identitätsabgleich…

Melderegister

Die Melderegister werden in Deutschland bei den Einwohnermeldeämtern der Gemeinden geführt. In fast allen Bundesländern ist die Gemeinde selbst die Meldebehörde im rechtlichen Sinn. Derzeit werden die deutschen Melderegister von 5.283 dezentralen Einwohnermeldeämtern verwaltet.

Rechtsgrundlage

Bundesmeldegesetz. Mit der Föderalismusreform ist die Zuständigkeit für das Meldewesen an den Bund übergegangen, vorher hatte es das Melderechtsrahmengesetz (MMRG) plus Landesregelungen gegeben.

Weiter werden behördliche Zugriffsrechte im Passgesetz (§22a) bzw. im Personalausweisgesetz (§25) geregelt.

Inhalt

Gespeichert wird nach §3 BMG mindestens

  • Name, Geschlecht, Geburtstag und -ort, Staatsanghörigkeiten
  • Sterbetag und -ort
  • gegenwärtige und frühere Anschriften incl. Nebenwohnsitze
  • Datum des Ein- und Auszugs,
  • Familienstand incl. ggf. Datum der Eheschließung,
  • ggf. Stiefeltern bei Kindern
  • Religion
  • ggf. einige Daten zu gesetzlicher Vertreter_innen, Ehegatt_innen, Kindern,
  • Daten des Personalausweises
  • Auskunfts- und Übermittlungssperren (vgl. unten)
  • Infos zu Wahlberechtigungen
  • Steuerklasse, Freibeträge usf., Steuernummer
  • ggf. Passversagungsgründe,
  • ggf. waffenrechliche oder sprengstoffrechtliche Erlaubnisse
  • ggf. AZR-Nummer

Übermittlung

Alle Behörden nach Bedarf (§34 BMG), dann aber durch Basisdaten. Weitere Daten können nach Verhältnismäßigkeitsabwägung (Abs. 3) übertragen werden.

Seit den Post-Amri-Verschärfungen von 2017 dürfen die Polizeien und Geheimdienste jederzeit im Melderegister recherchieren und insbesondere auch die biometrischen Bilder abrufen; richtig funktionieren soll das 2021. NB: Das sind immer noch Recherchen mit Namen nach Bildern. Recherchen von Bildern nach Namen sind immer noch ausgeschlossen.

Wie der LfDI Hamburg in seinem 28. TB (2019) feststellt (S. 29f), dürfen dabei Übertragungen an Polizeien und Geheimdienste nicht beim Melderegister protokolliert werden (wurden sie zwar in den Nordländern trotzdem, aber das wurde dann abgestellt). Das heißt, dass leider ein Auskunftsersuchen beim Melderegister (das wir auch nicht unterstützen, weil es so viele Meldebehörden gibt) keine Möglichkeit ist, Zugriffe der Polizei etwa auf die biometrischen Fotos zu registrieren.

Die Protokolle müssten nach §40 BMG bei Polizei und VS liegen. Sie dort beauskunftet zu kriegen, dürfte allerdings sehr schwierig sein.

Auskunftsrecht

Nach §8 MMRG erteilt die zuständige Meldebehörde Auskunft; bis zum „Omnibusgesetz“ (Umsetzung der DSGVO) 2019 waren die meisten Übermittlungen vom Auskunftsrecht ausgeschlossen, inzwischen besteht auch für diese Auskunftspflicht. Im Prinzip müssen Übermittlungen an Polizei und Co für mindestens ein Jahr gespeichert werden. §8 (5): Daten, die die Meldebehörde von Geheimdiensten bekommen hat, werden nur mit ihrem Einverständnis rausgerückt.

Sonstiges

  1. 37. TB LfD Hessen, 4.3.4: Zur Praxis der Übermittlung von Passfotos zur Fahrerfeststellung in Hessen (nach §2b (2) Hess. PAuswG).

  2. 28. TB ULD S-H: In Schleswig-Holstein wird die Übertragung der Registerdaten an die Polizei zentral durch einen Dienstleister erledigt, der Spiegel der Meldedaten hat. Der ULD zählt ca. 15 Kategorien von Murks auf, der dabei passiert, z.B. wurden offenbar Suchkriterien stark erweitert, so dass regelmäßig viel zu viele Datensätze übertragen wurden, es wurden auch immer komplette Datensätze übertragen, also nicht etwa nur die Adresse, wenn das ausgereicht hätte.

  3. 14. TB LfD Sachsen (2009), 8.9 berichtet von einer Verknüfung der Meldedaten mit Daten aus ZEVIS, um einen Menschen zu finden, der eine Nummer wie DD-D-irgendwas hat un in der Nähe eines Tatorts wohnt. Ging natürlich um Kinderschänderei, aber so Kram dürfte mehr oder weniger ständige Praxis sein/werden.

Verknüpfung auf EU-Ebene

Auf EU-Ebene gibt es die Idee alle Melderegister miteinander zu verbinden. Das ganze nennt sich RISER (Registry Information Service on European Residents).

Auskunft an Dritte

Gehört zwar eigentlich nicht hierher, aber trotzdem: Unterabschnitt 2 des Bundesmeldegesetzes beschäftigt sich mit Aukünften aus dem Melderegister an nichtstaatliche Stellen; das war historisch insbesondere von Werbetreibenden genutzt worden, und einer der größeren Skandale, in die der radikalautoritäre Hans-Peter Uhl verwickelt war, bezog sich auf das Einschmuggeln von Datenhandel-Regelungen während der 2012er-Meldegesetz-Verschärfung in letzter Sekunde (Zusammenfassung in der Wikipedia).

Während der Omnibusgesetz-Überarbeitung wurden die diesbezüglichen Bürgerrechte sprürbar gestärkt; die Gruppenauskunft nach §46 ist jetzt nur mehr möglich, wenn sie „im öffentlichen Interesse“ liegt (wozu leider offenbar auch die Bundeswehr gezählt wird, die mittels Gruppenauskünften regelmäßig Jugendliche fürs Töten werben möchte).

Mit öffentlichem Interesse in diesem Sinn kann ausgewählt werden nach Geburtsdatum, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Anschrift, Ein- und Auszugsdatum sowie Famlienstand.

Diese Übermittlungen können erschwert werden durch einen Sperrvermerk nach §51 BMG; dafür müssen die Betroffenen aber glaubhaftmachen, dass „durch eine Melderegisterauskunft eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen erwachsen kann“, was zumindest schwierig ist. Mit so einem Sperrvermerk fragt die Behörde vor einer Übertragung nach (oder lässt sie ganz).

Analog können Menschen im Knast, in Pflegeeinrichtungen oder in der Reha nach §52 BMG einen bedingten Sperrvermerk einrichten lassen; die Meldebehörde muss dann vor einer Übertragung prüfen, ob „ine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen ausgeschlossen werden kann”.

Skandale

Salamitaktik bei biometrischen Bildern

Als im Gefolge von 9/11 biometrische Bilder in den Personalausweis kamen, hieß es anfänglich, diese würden nur auf dem Ausweis gespeichert und nur ausgelesen, um Maschinen die Prüfung der Identität zu ermöglichen. Bis das Gesetz fertig war, wurden die Bilder bereits in den Melderegistern gespeichert, 2010 war dann der Zugriff der Polizei für Strafverfolgung und Prävention erlaubt, 2017 dann durchgehender Zugriff auf die Daten für Polizei und Geheimdienste. Natürlich hat das trotz Gesetz noch lange nicht funktioniert, weshalb 2021 dann die Übertragung der Fotos in zentrale Datenbanken auf Länderebene legalisiert wurde – ein atemberaubender Weg von „nur lokal zur Identitätskontrolle“ zu „zentraler Speicherung mit breiter Nutzungsmöglichkeit“.

2020 hat die deutsche Regierung beschlossen, ab 2021 Personalausweise nur noch mit Fingerabdruck auszugeben. Natürlich mit Fingerabdrücken lokal und nur zum Identitätsabgleich…