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Die andere Länder haben dagegen ein unkompliziertes Auskunftsrecht auch beim VS, so dass dort ein Standardbrief genügt. Die andere [[Datenbanken auf Länderebene|Länder]] haben dagegen ein unkompliziertes Auskunftsrecht auch beim Verfassungsschutz, so dass dort ein Standardbrief genügt.
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Eingeführt wurde die Sicherheitsüberprüfung Anfang der sechziger Jahre, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, als die Bundesregierung Gewißheit über die Zuverlässigkeit jener Bediensteten erlangen wollte, die mit Geheimmaterial umgehen mußten. Die Richtlinien waren klar: Jeder im Öffentlichen Dienst und in der Wirtschaft, der Zugang zu Dokumenten der Geheimhaltungsstufen "VS-Vertraulich", "Geheim" oder "Streng Geheim" hatte, mußte seinen Chefs zunächst eine Selbstauskunft erteilen und Referenzpersonen, eine Art Leumundszeugen, angeben.

Die Behörde sollte die Angaben überprüfen, zusätzliche Auskünfte etwa bei der Polizei und beim Strafregister einholen und notfalls weitere "Auskunftspersonen" befragen. Diese Prozedur, an der damals der Verfassungsschutz lediglich "mitwirken" sollte, hat sich mittlerweile zu einer der Hauptaufgaben dieses Geheimdienstes entwickelt.
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NADIS war in den 70er Jahren direkt mit INPOL gekoppelt. Diese Koppelung wurde nach Intervention des damaligen BfD 1980 aufgelöst, bis heute werden Queranfragen offenbar per Telex abgewickelt (mit der [["Anti-Terror-Datenbank"]] wird eine solche Kopplung in Teilen wieder hergestellt; vgl. http://www.heise.de/tp/r4/artikel/9/9704/1.html). NADIS war in den 70er Jahren direkt mit [[INPOL]] gekoppelt. Diese Koppelung wurde nach Intervention des damaligen BfD 1980 aufgelöst, bis heute werden Queranfragen offenbar per Telex abgewickelt (mit der [["Anti-Terror-Datenbank"]] wird eine solche Kopplung in Teilen wieder hergestellt; vgl. [[http://www.heise.de/tp/r4/artikel/9/9704/1.html| Telepolis-Artikel]].

=== Intime Detaisl bei Sicherheistüberprüfungen ===

Bei Sicherheitsüberprüfungen werden Dossiers angelegt, die zum größten Teil sehr persönliche Daten enthalten, wie der Spiegel 1993 berichtete. Die Dossiers, die beim jeweiligen Landesamt für Verfassungsschutz (LfV
) lagern, enthalten zum Teil Intimdaten etwa über Alkoholgewohnheiten und Liebesaffären, oftmals unüberprüfbaren Klatsch, der mit Akribie gesammelt und über Jahrzehnte aufbewahrt wird.

[[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13692463.html| Spiegel: ]] Bei Sicherheitsüberprüfungen hat der Verfassungsschutz auch Intimdaten von 600 000 Bundesbürgern gesammelt und gespeichert.

Die Verbunddatei NADIS

NADIS ist eine Verbunddatei für alle Geheimdienste des Bundes und der Länder.

Was wird gespeichert

Offenbar ist NADIS aufgeteilt in mehrere Bereiche, darunter

  • PZD (Personenzentraldatei)
  • Gruppendatei

NADIS ist im wesentlichen eine Nachweisdatei, d.h. es zusätzlich zu den Daten der Person oder Gruppe (inklusive Identifizierungsmerkmalen) nur vermerkt, ob Erkenntnisse vorliegen und wenn ja, wo. Hier hat wohl die Paranoia auch ihre Vorteile.

Es besteht die Möglichkeit, dass ein Personeneintrag auf Sachakten verweist oder als Steigerung auf eine eigene Personalakte. Ein Personeneintrag mit Verweis auf Sachakten wird angelegt, wenn eine Person häufig in den Sachakten vorkommt. Wenn dann eine Person dem Diensten besonders gefährlich erscheint wird als Steigerung eine eigene Personalkte angelegt.

"Das BfV führt zur Ordnung der bei ihm gespeicherten Informationen sowohl Sach- als auch Personenakten. In den Sachakten werden die Informationen zusammengefasst geführt, die das BfV im Hinblick auf einzelne Beobachtungsfelder (z. B. Organisationen) für bedeutsam erachtet. Wenn eine Sachakte Informationen enthält, der das BfV auch im Hinblick auf eine Person Bedeutung beimisst, wird in dem behördeninternen elektronischen Informationssystem (NADIS) ein Datensatz zu dieser Person angelegt und eine Verknüpfung zwischen der Person und der Fundstelle hergestellt. Für personenbezogene Informationen in Sachakten, die das BfV - bezogen auf diese Person - für unerheblich hält, wird keine Verknüpfung vorgenommen. Wenn es dem BfV aufgrund der in NADIS zu einer Person erfassten Informationen geboten erscheint, wird zusätzlich eine Personenakte angelegt, in der nur die diese Person betreffenden Informationen zusammengefasst geführt werden." Quelle: Auszug Urteil des OVG NRW

Anmerkung: Das Urteil besagte (Kläger Bodo Ramelow), dass kein Auskunftsrecht auf in Sachakten gespeicherte Daten besteht, wenn es zu diesen keinen Verweis von NADIS gibt. Ich halte das problematisch, da die Sachakten inzwischen elektronisch gespeichert sind und so ein NADIS-Verweis jederzeit gelöscht und wiederhergesellt werden kann. (Dazu ganz interessant: Tätigkeitsbericht des hessischen LfD von 1999)

Auskunftsrecht

Bei den Geheimdiensten des Bundes ist das Auskunftsrecht eingeschränkt, da es durch §15 VerfschG (Gesetz zur Zusammenarbeit von Bund und Ländern) geregelt ist:

(1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz erteilt dem Betroffenen über zu seiner Person gespeicherte Daten auf Antrag unentgeltlich Auskunft, soweit er hierzu auf einen konkreten Sachverhalt hinweist und ein besonderes Interesse an einer Auskunft darlegt.

Einige Länder, wie Bayern, Bremen, Baden-Württemberg und Thüringen haben ein ähnlich eingeschränktes Auskunftsrecht. Die Rote Hilfe empfiehlt wegen der Angabe des konkreten Sachverhaltes keine Auskunft zu stellen.

Die andere Länder haben dagegen ein unkompliziertes Auskunftsrecht auch beim Verfassungsschutz, so dass dort ein Standardbrief genügt.

Siehe auch Auskunftsrecht

Statistik der gespeicherten Personen

  • 2005 - 1.003.959
  • 2004 - 985.300
  • 2003 - 942.350
  • 2002 - 925.650
  • 2001 - 972.915
  • 2000 - 908.328

(Quelle:VS-Jahresberichte)

Speicherungsdauer in NADIS im Regelfall 15 Jahre.

NADIS enthielt (mehr oder weniger anekdotisch) irgendwann in den 90er Jahren u.a.

  • 4 Mio Datensätze über Kriegsdienstpflichtige (vom MAD)
  • 1 Mio personenbezogene Datensätze des BND
  • 2 Mio personenbezogene Datensätze des VS

(hat wer eine Quelle für sowas? Vielleicht eine aktuelle?). Die Daten des VS sind nur zu einem Teil "ExtremistInnen", enthalten sind etliche hunderttausend Personen, die Zuverlässigkeitsprüfungen bestanden haben (z.B. in der Rüstungsindustrie, AKW-ArbeiterInnen, Flughafenpersonal). 2009 schätzt der LfD Sachen (14. TB (2009), 5.14.1), 60% der personenenbezogenen Daten in NADIS (er meint vermutlich die des VS) kämen aus diesem Bereich, und er rechnet mit einem weiteren Anstieg in dem Bereich.

Sicherheitsüberprüfungen

Ein guter Teil der Speicherungen von Personen in NADIS sind Personen, die in sicherheitsrelevanten Bereichen beschäftigt sind ("Zuverlässigkeitsprüfung"). Diese werden grundsätzlich gespeichert, um spätere Erkenntnisse korrellieren zu können (14. TB LfD Sachsen (2009), 5.14.1).

Eingeführt wurde die Sicherheitsüberprüfung Anfang der sechziger Jahre, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, als die Bundesregierung Gewißheit über die Zuverlässigkeit jener Bediensteten erlangen wollte, die mit Geheimmaterial umgehen mußten. Die Richtlinien waren klar: Jeder im Öffentlichen Dienst und in der Wirtschaft, der Zugang zu Dokumenten der Geheimhaltungsstufen "VS-Vertraulich", "Geheim" oder "Streng Geheim" hatte, mußte seinen Chefs zunächst eine Selbstauskunft erteilen und Referenzpersonen, eine Art Leumundszeugen, angeben.

Die Behörde sollte die Angaben überprüfen, zusätzliche Auskünfte etwa bei der Polizei und beim Strafregister einholen und notfalls weitere "Auskunftspersonen" befragen. Diese Prozedur, an der damals der Verfassungsschutz lediglich "mitwirken" sollte, hat sich mittlerweile zu einer der Hauptaufgaben dieses Geheimdienstes entwickelt.

Ein paar Ratschläge zum Verhalten bei Sicherheitsüberprüfungen finden sich in 14. TB LfD Sachsen (2009), 5.10.1.

Storys

Koppelung von NADIS und INPOL in den 70-gern

NADIS war in den 70er Jahren direkt mit INPOL gekoppelt. Diese Koppelung wurde nach Intervention des damaligen BfD 1980 aufgelöst, bis heute werden Queranfragen offenbar per Telex abgewickelt (mit der "Anti-Terror-Datenbank" wird eine solche Kopplung in Teilen wieder hergestellt; vgl. Telepolis-Artikel.

Intime Detaisl bei Sicherheistüberprüfungen

Bei Sicherheitsüberprüfungen werden Dossiers angelegt, die zum größten Teil sehr persönliche Daten enthalten, wie der Spiegel 1993 berichtete. Die Dossiers, die beim jeweiligen Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) lagern, enthalten zum Teil Intimdaten etwa über Alkoholgewohnheiten und Liebesaffären, oftmals unüberprüfbaren Klatsch, der mit Akribie gesammelt und über Jahrzehnte aufbewahrt wird.

Spiegel: Bei Sicherheitsüberprüfungen hat der Verfassungsschutz auch Intimdaten von 600 000 Bundesbürgern gesammelt und gespeichert.

Gefährdereintrag bei NADIS seit 2004

Bei der Innenministerkonferenz am 1. Juli 2004 in Saarbrücken ist in der sog. "Saarbrücker Erklärung" die Modernisierung von NADIS beschlossen worden: "Modernisierung des nachrichtendienstlichen Informationssystems NADIS: Das antiquierte NADIS-System weist erhebliche Defizite auf. Der Bund hat deshalb die rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen zu einer grundlegenden Modernisierung dieses auf der Datenbankarchitektur der 70-er Jahre beruhenden NADIS-Systems zu schaffen. Künftig müssen zu Personen und Objekten die Sachinformationen, die eine Gefährdungseinschätzung ermöglichen, beim Zugriff unmittelbar ersichtlich sein."

Fußball WM 2006

Fußball-WM 2006 -- Im Vorfeld der Fußball WM wird NADIS zur Überprüfung von ca 200.000 Personen (Bauarbeiter, Techniker, Hausmeister oder Würstchenverkäufer) herangezogen (Quelle: TAZ).

Der Fall Thilo Weichert

Nach einem Spiegel-Artikel "Blaues Wunder" vom 6.04.1992 ging der Verfassungsschutz recht freizügig mit der Weitergabe von Daten aus NADIS und den korrelierenden Sach- und Personalakten um. U.a. wurden die Einträge von dem jetzigen ULD Thilo Weichert an eine brandenburgische FDP-Abgeordnete weitergegebn, als er sich um das dortige Amt des Datenschutzbeauftragten beworben hatte. Blaues Wunder heißen übrigen die internen Richtlinien für V-Leute, das wirft ein anderes Licht auf den Brandanschlag in Dresden 2009...

Der Fall Rolf Gössner

Ende 2008 wurde nach 38 Jahren die Langezeitbeobachtung durch den VS von Rolf Gössner eingestellt. Dieses geschah erst, nachdem er Klage gegen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz eingereicht hatte. Laut Stern vom 7.03.2008 hatte der Bundesbeauftragte für Datenschutz die Beobachtung nicht beanstandet. Das zeigt, dass die Datenschutzbeauftragten nicht gewillt sind oder nicht über die Möglichkeiten verfügen, Grundrechte zu verteidigen. Auch die Tatsache, dass der amtierende BfD ein wikileaks Dokument VS-NfD klassifiziert zeigt, daß die Datenschutzbeauftragten ihre Aufgaben nicht optimal war nehmen können oder wollen (hier: mögl. CIA Geheimgefängnis Mannheim, BRD Überflüge in Foltergefängnisse der USA).

Geplante Volltextsuche bei NADIS

2010 werden allerdings Pläne diskutiert, die (vermutlich ohnehin zu guten Stücken digital vorliegenden) Akten selbst zu indizieren. Das würde natürlich den Charakter der Datenbank radikal ändern, und es spricht Bände, dass es solche Diskussionen überhaupt gibt.

Die 80 Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 3./4. November 2010 in Freiburg hat dieses ebenfalls kritisiert:

Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder fordert die Bundesregierung und die Landesregierungen auf, volltextbasierte Dateisysteme nur innerhalb der sehr engen verfassungsrechtlichen Grenzen auszugestalten.

Die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder (Verfassungsschutz, Polizei) bauen zurzeit ihre elektronischen Dateisysteme aus. Dabei beziehen sie auch Daten mit ein, die bisher nur in Akten vorhanden sind, und streben eine umfassende Volltextverarbeitung mit Suchmöglichkeiten an. Nach jedem in einem Dokument vorkommenden Wort oder Datum kann elektronisch gesucht werden, weil das Dokument als Ganzes erfasst wird.

Dies hat gravierende Folgen: In Akten befinden sich auch Daten von Personen, gegen die sich die behördlichen Maßnahmen nicht als Zielperson richten. Auch wer als unbescholtene Bürgerin oder unbescholtener Bürger unwissentlich Kontakt mit einer Zielperson hatte und beiläufig in den Akten genannt wird, wird nun gezielt elektronisch recherchierbar.

Dazu kann dann auf die Datenbank Data Mining angewand werden und so dürfte der Anteil der Staatsfeinde schnell erhöht werden.