Revision 10 vom 2011-02-13 23:34:50

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SIRENE

Die Sirenen sind die Verbindungsbüros

Sirene (Sirene - Supplément d'Information Requis a l'Entrée Nationale - Supplementary Information Request at the National Entry) heißen die Verbindungsbüros zwischen den nationalen Polizeisystemen und SIS.

== Aufgaben der Sirenen == Sie betreiben die nationalen Spiegel (N-SIS), geben die Ausschreibungen weiter, streiten ggf. mit den anderen Sirenen. Vor allem aber, und daher kommt der Name, geben sie bei Trefferfällen in SIS die zusätzlichen Infos weiter (Art. 39 und 46 SDÜ, Näheres 126ff SDÜ): "Die SIRENEN der Vertragsparteien können im Rahmen der nationalen Bestimmungen [...] alle nützlichen Informationen austauschen" (Sirene-Handbuch, 3.2.1).

Beispiele dazu (aus dem Handbuch):

  • bei 95er-Ausschreibungen bekommen die anderen Sirenen nur den Haftbefehl bzw. höchste Veruteilung, im Trefferfall schiebt die ausschreibende Sirene dann die anderen Daten an die treffende Sirene.
  • Bei 97er-Ausschreibungen übergeben die Sirenen ärztliche Infos.
  • Wenn es mit einer "Maßnahme" nicht klappt, kommt die Begründung über die Sirene

Die Sirenen sollen 24/7 besetzt sein und bei einem Treffer innerhalb von 12 Stunden die nötigen Infos beibringen (auch das ist schon hart für Leute, die aufgrund von SIS eingefahren sind -- in dieser Zeit wissen weder sie noch die Polizei so recht, was eigentlich anliegt).

Das SIRENE-Handbuch regelt mit fast unglaublichem Eifer allerlei wilde Fälle. Eine Lektüre lohnt sich, um einen Einblick in das gegenseitige Misstrauen der Polizeien zu gewinnen. Amüsant sind generell die Präzedenzregelungen. So (Handbuch, 3.2.3) schlagen SIS-Ausschreibungen Interpol-Auschreibungen [dafür gibts bei SIS keine Kunst, da ist Interpol allein]. Für Schengenstaaten sind aber parallele Ausschreibungen in SIS und Interpol verboten (bzw. müssen Staaten in der Interpol-Ausschreibung den Schengen-Raum ausnehmen). Umgekehrt sollen Interpol-Zielfahndungen in SISstehen. Ad nauseam.

Ebenfalls lustig Abschnitte 4.1 und 4.2, die verschiedene Prozederes in der Konfliktauflösung in Abhängigkeit der Ausschreibungsgründe beschreiben. In 4.3. wird dann eine wahnsinnige Vereinbarkeitsalgebra für Mehrfachausschreibungen aufgetan. Die führt dann im Konfliktfall zum Transport umfangreicher personenbezogener Daten quer durch Europa, was nach Datenschutz ebenso zweifelhaft ist wie die Regelung nach 4.3.1: "Jede Vertragspartei trifft die geeigneten technischen Vorkeh- rungen, um vor der Eingabe der Ausschreibung in das SIS mögliche Doppelidentitäten festzustellen.".

Für die BRD ist das das BKA; laut BT-Drucksache 16/10816 sind allein zur Abdeckung des durch SIS II entstehenden Mehraufwands von "ca. 78%" (wer schreibt sowas eigentlich?) 35 neue Stellen beim BKA nötig. Mithin dürften bei Sirene BRD Ende der Nullerjahre gegen 80 Leute beschäftigt gewesen sein.

SISNET

SISNET ist ein abgeschottetes Netz, dass die Sirene-Büros in den Mitgliedsstaaten verbindet. Darüber wird offenbar gerne gemailt. Ansonsten sagt das Sirene-Handbuch, man soll lieber mehr telefonieren als schreiben/faxen, um Papier zu vermeiden.

Der SISNET-Haushalt 2010 sieht Ausgaben von fast 3 Millionen Euro vor, davon 1.4 Millionen für die Anmietung von Leitungen und 660000 für "Gemietete Sicherheitsausrüstung" (Was ist das?). Für immerhin noch eine halbe Million Euro soll Hardware für "Zugangspunkte" gekauft werden. Auffällig ist, dass der Haushalt keine Personalkosten auszuweisen scheint.

s-TESTA

s-TESTA scheint ein irgendwie "gehärtetes" Netz zu sein, über das die Kommunikation für SIS II (und eigentlich auch schon SIS 1+) laufen soll. An sich hätte s-TESTA SISNET 2008 weitgehend ablösen sollen, aber das ist offenbar nicht passiert.

Bemerkenswert an s-TESTA ist vielleicht noch, dass es der Kommission (statt wie SISNET dem Rat) unterstehen soll und es insofern auch aus dem Kommissionshaushalt bezahlt wird.