Revision 6 vom 2020-10-10 13:04:13

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Unter PIAV – Polizeilicher Informations- und Aufgabenverbund – läuft die aktuelle Neuauflage des Computersystems des BKA (vgl. Datenbanken BKA).

Im Unterschied zum klsssischen INPOL (was in Wirklichkeit ein recht heterogenes Sammelsurium von verschiedenen Einzelanwendungen war) soll hier die Vision eines einheitlichen, fast alle BKA-aktivitäten umfassenden Informationssystems umgesetzt werden. Insbesondere soll es keine Einzeldatenbanken mehr geben.

Die andere große Änderung ist, dass die Länder weit stärker als zuvor in PIAV einbezogen sein sollen. War vorher der Datenaustausch zwischen Bund und Ländern häufig noch durch Ausdrucken und Wiedereintippen realisiert, weil Vorstöße wie die BLOS nicht recht angenommen wurden, sollen die Länder jetzt ebenfalls mit der PIAV-Basissoftware arbeiten.

Im Mai 2016 haben Bund und Länder die PIAV-Verfahren für den Deliktbereich „Waffen- und Sprengstoffkriminalität” (ca. 0.4% der Straftaten laut Artikel bei police-it.org) angeworfen, was nach Landtagsdrucksache 17/14863 aus Bayern funktioniert haben soll.

Die zweite Stufe, „Gewaltdelikte / Gemeingefährliche Straftaten und Rauschgiftkriminalität“, hätte im Februar 2018 an den Start gehen sollen, was jedoch offenbar nicht passiert ist; zumindest gab es kein Trara dazu, und die Datenbankseite des BKA hat auch im Januar 2019 nur von „Vorbereitungen” dazu gesprochen; dass es da zu Verzögerungen kommen würde, war vielleicht auch schon deshalb erwartbar, weil im November 2016 die 92. Konferenz der Datenschutzbeauftragten gravierende Mängel in der FDR gefunden hatte und schloss: „Die Daten aus der FDR dürfen nicht pauschal übernommen werden.“

Eine Abhandlung Stand Ende 2016 sah die weiteren Stufen nach Sprengstoff und Btm so:

  • 2018: Eigentumsdelikte, Sexualdelikte, Cybercrime
  • 2019: Schleusung, Menschenhandel, Dokumente
  • 2020: Wirtschaftskriminalität, Falschgeld, Korruption
  • 2021: Politisch motivierte Kriminalität
  • 2022: Organisierte Kriminalität

Das ist mit Sicherheit von der Realität überholt.

Ein Artikel zu PIAV erschien in RHZ 4/17.

Zumindest das Ausrollen von PIAV in die Länder bezeichnet das BKA (jedenfalls manchmal) auch als „Polizei 2020“: BKA-Erklärung von Nov 2018, White Paper von 2018.

Zu Polizei 2020 erzählt der BdDI in seinem 28. TB (2019) folgende Schnurre:

Anfang des Jahres wurde ich zu einer Veranstaltung des BKA eingeladen, um an der Erprobung des Datenhauses (sog. Proof of Concept/PoC Datenkonsolidierung) teilzunehmen. Konkret wurde mir eine Datenverarbeitung unterhalb der Schwelle der nach dem BKAG geforderten Verbundrelevanz dargestellt. Diese frühzeitige Initiative des BKA begrüße ich außerordentlich. Nachdem ich jedoch erhebliche Einwände gegen das der Erprobung zu Grunde liegende System geäußert hatte, wurde ich für künftige Termine vom BMI zu meinem Bedauern nicht mehr eingeladen. (S. 50)

Am gleichen Ort berichtet er, Teil von Polizei 2020 sei auch die Zentralisierung der Vorgangsverwaltungen und Fallbearbeitungssysteme, während PIAV im Kern ja nur Nachweissysteme betraf; das reflektiert wohl unsere Einsicht aus dem oben zitierten Artikel in RHZ 4/17, allein die enge Integration von Vorgangsverwaltung und Nachweissystem in vielen Ländern dürfte PIAV problematisch machen.

In Landtagsdrucksache 17/14863 aus Bayern ist einwenig zur Einführung von Stufe 1 in Bayern zu erfahren. Als Erfolgskriterium setzt die Bayrische Staatsregierung an, das die Nutzungshäufigkeit „bundesweit um ca. 30 Prozent gesteigert“ wurde; das kann wohl als besondere Form von Ehrlichkeit gelten.