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Revision 12 vom 2014-01-01 15:26:24
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Kommentar: Redaktion, Klärung zu 1999er-Spudok-Skandal
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== Verdachtsunabhängie Datensammlung == Spudok war ein Begriff, der in den 70er Jahren im Umfeld des BKA aufkam
und Dateien bezeichnete, in denen verdachtsunabhängig Daten gesammelt
wurden, also etwa Listen von Radikalen und Einschätzungen zu ihnen.
Klarerweise ist das Anlegen von Dossiers über Menschen, gegen die
noch nicht mal eines der windigen Ermittlungsverfahren der politischen
Polizei zu konstruieren ist, mit dem Zweckbindungsprinzip des
Datenschutzes nicht vereinbar. Entsprechend haben die Dateien, so ihre
Existenz und ihr Inhalt öffentlich wurden, immer wieder für Skandale
gesorgt, was wohl ein Grund für das Ausphasen des Begriffs ist.
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In Spudok stehen Tatort, Zeugen, Asservate und Verdächtige Personen zusammengefasst zum jeweiligen Fall.
Spudok wird offenbar sowohl als generischer Begriff für verdachtsunabhängige Datensammlungen (Anmerkung: die eigentlich nach dem Zweckbindungsprinzip des DSG nur ausnahmsweise zulässig sind) als auch für eine Teildatenbank von [[INPOL]] verwendet.
Ein relativ späte Fundestelle für den Begriff ist eine
[[http://www.bka.de/pressemitteilungen/2001/pm201001.html|Pressemitteilung des BKA]],
in der sie von der Rolle einer Spudok-Datei in der
Post-9/11-Rasterfahndung berichtet. Sie diente als Puffer für
12000 Hinweise,
die erst bei "Erhärtung" in andere Dateien übernommen wurden; hier
klingt das System lebendiger als es das selbst damals war:
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== Spudok beim BKA ==

Beim BKA gibt es eine eigene Spudok-Teildatenbank von [[INPOL]]
Alle Datenbestände aus Spudok-Dateien des [[Datenbanken BKA|BKA]]
von [[INPOL-alt]] sind in das neue [[INPOL]] übernommen worden.

''Anmerkung: Interessant ist, dass eine Einzelfalllöschung im Programm nicht
vorgesehen ist.''

=== PM des BKAs über den Nutzen von Spudok ===
Eine [[http://www.bka.de/pressemitteilungen/2001/pm201001.html|PM des BKAs]]
berichtet von der Rolle einer Spudok-Datei in der Post 9/11-Rasterfahndung, in die quasi als Puffer 12000 Hinweise eingetragen wurden, die erst bei "Erhärtung" in andere Dateien übernommen wurden: "Das
{{{#!blockquote
Das
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bewährt und steht den Dienststellen in den [[Datenbanken auf Länderebene|Ländern]] ebenso für die
Eingabe und Recherche zur Verfügung wie dem [[Datenbanken BKA|BKA]]."
bewährt und steht den Dienststellen in den Ländern ebenso für die
Eingabe und Recherche zur Verfügung wie dem BKA.
}}}
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Heute werden die Funktionen der damaligen Spudok-Systeme von
Fallbearbeitungen (beim BKA INPOL-Fall bzw. die BKA-Anpassung von
rsCase) erfüllt -- mit ähnlich gut funktionierendem Grundrechtsschutz.
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=== Erfassung aller BI-MitgliederInnen aus dem Wendland in der Spudok Datei von INPOL ===
Klassisch: Der Spudok-Skandal, Nach einem [[http://www.cilip.de/ausgabe/64/spudok.htm|Cilip-Artikel]]
wurden zu Beginn der 1980-gern Jahre im Rahmen von Terrorismus-Ermittlungen in [[INPOL]] Spudok-Dateien (offenbar widerrechtlicherweise)
angelegt. Erfasst waren fast alle MitgliederInnen von Bürherinitiativen etc. unabhängig von einem
Strafverdacht, im Wendland waren das 2000 Personen,d.h. knapp 5% der Bevölkerung. Die Daten wurden angeblich 1985 (wenigstens für [[Datenbanken Niedersachsen|Niedersachsen]]) gelöscht, sie tauchten aber bei einem Ermittlungsverfahren wegen eines Brandanschlages 1998 wieder auf.
=== Der Göttinger Spudok-Skandal ===

Dieser ist schön dargestellt in einem
[[http://www.cilip.de/ausgabe/64/spudok.htm|Artikel von Rolf Gößner in CILIP 64]]
(1999). Gößner berichtet, wie Anfang der 1980er Jahre in
Terrorismus-Spudok-Dateien beispielsweise 2000 Personen
(d.h. knapp 5% der Bevölkerung) im Wendland erfasst wurden. Interessant
war aber natürlich auch die linke Szene Göttingens. Als die
Datensammlung ruchbar wurde, hatte der damaligen niedersächsische
Innenminister 1985 versprochen, die Daten seien schon 1983 gelöscht
worden.

Um so größer die Überraschung, als nach einem Brandanschlag auf ein
Arbeitsamt in Göttingen 1998 (also über 15 Jahre nach der angeblichen
Löschung), ausweislich Auswahl und Schreibfehlern exakt die alte
Spudok-Aufstellung politischer AktivistInnen in Göttingen wieder
auftauchte. Ganz schlimm schließlich die komplette Missachtung von
Grundrechten durch den 1999er-Innenminister in Niedersachsen, der den
parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Thema blockierte und
stattdessen verlauten ließ:

{{{#!blockquote
Wenn ein ähnlicher Brandanschlag erfolgen sollte, will ich auf das
zurückgreifen können, was ich in der Vergangenheit ermittelt habe, damit
ich schneller zu Ermittlungserfolgen komme. (Landtag Niedersachsen,
Plenarprotokoll v. 17.6.1999, S. 2518)
}}}

Spurendokumentationsdateien (Spudok )

Spudok war ein Begriff, der in den 70er Jahren im Umfeld des BKA aufkam und Dateien bezeichnete, in denen verdachtsunabhängig Daten gesammelt wurden, also etwa Listen von Radikalen und Einschätzungen zu ihnen. Klarerweise ist das Anlegen von Dossiers über Menschen, gegen die noch nicht mal eines der windigen Ermittlungsverfahren der politischen Polizei zu konstruieren ist, mit dem Zweckbindungsprinzip des Datenschutzes nicht vereinbar. Entsprechend haben die Dateien, so ihre Existenz und ihr Inhalt öffentlich wurden, immer wieder für Skandale gesorgt, was wohl ein Grund für das Ausphasen des Begriffs ist.

Ein relativ späte Fundestelle für den Begriff ist eine Pressemitteilung des BKA, in der sie von der Rolle einer Spudok-Datei in der Post-9/11-Rasterfahndung berichtet. Sie diente als Puffer für 12000 Hinweise, die erst bei "Erhärtung" in andere Dateien übernommen wurden; hier klingt das System lebendiger als es das selbst damals war:

Das System Spudok hat sich bereits in der Vergangenheit in vielen, auch umfangreichen Verfahren - insbesondere in der Terrorismusbekämpfung - bewährt und steht den Dienststellen in den Ländern ebenso für die Eingabe und Recherche zur Verfügung wie dem BKA.

Heute werden die Funktionen der damaligen Spudok-Systeme von Fallbearbeitungen (beim BKA INPOL-Fall bzw. die BKA-Anpassung von rsCase) erfüllt -- mit ähnlich gut funktionierendem Grundrechtsschutz.

Skandale

Der Göttinger Spudok-Skandal

Dieser ist schön dargestellt in einem Artikel von Rolf Gößner in CILIP 64 (1999). Gößner berichtet, wie Anfang der 1980er Jahre in Terrorismus-Spudok-Dateien beispielsweise 2000 Personen (d.h. knapp 5% der Bevölkerung) im Wendland erfasst wurden. Interessant war aber natürlich auch die linke Szene Göttingens. Als die Datensammlung ruchbar wurde, hatte der damaligen niedersächsische Innenminister 1985 versprochen, die Daten seien schon 1983 gelöscht worden.

Um so größer die Überraschung, als nach einem Brandanschlag auf ein Arbeitsamt in Göttingen 1998 (also über 15 Jahre nach der angeblichen Löschung), ausweislich Auswahl und Schreibfehlern exakt die alte Spudok-Aufstellung politischer AktivistInnen in Göttingen wieder auftauchte. Ganz schlimm schließlich die komplette Missachtung von Grundrechten durch den 1999er-Innenminister in Niedersachsen, der den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Thema blockierte und stattdessen verlauten ließ:

Wenn ein ähnlicher Brandanschlag erfolgen sollte, will ich auf das zurückgreifen können, was ich in der Vergangenheit ermittelt habe, damit ich schneller zu Ermittlungserfolgen komme. (Landtag Niedersachsen, Plenarprotokoll v. 17.6.1999, S. 2518)