Revision 9 vom 2020-10-10 10:03:26

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Melderegister

Die Melderegister werden in Deutschland bei den Einwohnermeldeämtern der Gemeinden geführt. In fast allen Bundesländern ist die Gemeinde selbst die Meldebehörde im rechtlichen Sinn. Derzeit werden die deutschen Melderegister von 5.283 dezentralen Einwohnermeldeämtern verwaltet.

Rechtsgrundlage

Bundesmeldegesetz. Mit der Föderalismusreform ist die Zuständigkeit für das Meldewesen an den Bund übergegangen, vorher hatte es das Melderechtsrahmengesetz (MMRG) plus Landesregelungen gegeben.

Weiter werden behördliche Zugriffsrechte im Passgesetz (§22a) bzw. im Personalausweisgesetz (§25) geregelt.

Inhalt

Gespeichert wird nach §2 MMRG mindestens

  • Name, Geschlecht, Geburtstag und -ort, Staatsanghörigkeiten
  • Sterbetag und -ort
  • gegenwärtige und frühere Anschriften incl. Nebenwohnsitze
  • Datum des Ein- und Auszugs,
  • Familienstand incl. ggf. Datum der Eheschließung, ggf. GattIn, ggf. Kinder,

  • ggf. Stiefeltern bei Kindern
  • Religion
  • ggf. gesetzlicher Vertreter
  • Daten des Personalausweises
  • Übermittlungssperren (kann mit Begründung beantragt werden)
  • Infos zu Wahlberechtigungen
  • Steuerklasse, Freibeträge usf., Steuernummer
  • ggf. Passversagungsgründe,
  • ggf. waffenrechliche oder sprengstoffrechtliche Erlaubnisse

Übermittlung

Alle Behörden nach Bedarf (§18 (1) MMRG), dann aber durch Basisdaten. Normal (Abs. 2) muss die Meldebehörde prüfen, ob weitere Daten zur Erfüllung der Aufgabe der Behörde nötig sind (in der Regel verfügt sie ja auch über jede Menge kompetentes und motiviertes Personal für sowas).

Seit den Post-Amri-Verschärfungen von 2017 dürfen die Behörden jederzeit im Melderegister recherchieren und insbesondere auch die biometrischen Bilder abrufen; richtig funktionieren soll das 2021. NB: Das sind immer noch Recherchen mit Namen nach Bildern. Recherchen von Bildern nach Namen sind immer noch ausgeschlossen.

Auskunftsrecht

Nach §8 MMRG erteilt die zuständige Meldebehörde Auskunft; bis zum „Omnibusgesetz“ (Umsetzung der DSGVO) 2019 waren die meisten Übermittlungen vom Auskunftsrecht ausgeschlossen, inzwischen besteht auch für diese Auskunftspflicht. Im Prinzip müssen Übermittlungen an Polizei und Co für mindestens ein Jahr gespeichert werden. §8 (5): Daten, die die Meldebehörde von Geheimdiensten bekommen hat, werden nur mit ihrem Einverständnis rausgerückt.

Sonstiges

  1. 37. TB LfD Hessen, 4.3.4: Zur Praxis der Übermittlung von Passfotos zur Fahrerfeststellung in Hessen (nach §2b (2) Hess. PAuswG).

  2. 28. TB ULD S-H: In Schleswig-Holstein wird die Übertragung der Registerdaten an die Polizei zentral durch einen Dienstleister erledigt, der Spiegel der Meldedaten hat. Der ULD zählt ca. 15 Kategorien von Murks auf, der dabei passiert, z.B. wurden offenbar Suchkriterien stark erweitert, so dass regelmäßig viel zu viele Datensätze übertragen wurden, es wurden auch immer komplette Datensätze übertragen, also nicht etwa nur die Adresse, wenn das ausgereicht hätte.

  3. 14. TB LfD Sachsen (2009), 8.9 berichtet von einer Verknüfung der Meldedaten mit Daten aus ZEVIS, um einen Menschen zu finden, der eine Nummer wie DD-D-irgendwas hat un in der Nähe eines Tatorts wohnt. Ging natürlich um Kinderschänderei, aber so Kram dürfte mehr oder weniger ständige Praxis sein/werden.

Verknüpfung auf EU-Ebene

Auf EU-Ebene gibt es die Idee alle Melderegister miteinander zu verbinden. Das ganze nennt sich RISER (Registry Information Service on European Residents).

Auskunft an Dritte

Gehört zwar eigentlich nicht hierher, aber trotzdem: Unterabschnitt 2 des Bundesmeldegesetzes beschäftigt sich mit Aukünften aus dem Melderegister an nichtstaatliche Stellen; das war historisch insbesondere von Werbetreibenden genutzt worden, und einer der größeren Skandale, in die der radikalautoritäre Hans-Peter Uhl verwickelt war, bezog sich auf das Einschmuggeln von Datenhandel-Regelungen während der 2012er-Meldegesetz-Verschärfung in letzter Sekunde (Zusammenfassung in der Wikipedia).

Während der Omnibusgesetz-Überarbeitung wurden die diesbezüglichen Bürgerrechte sprürbar gestärkt; die Gruppenauskunft nach §46 ist jetzt nur mehr möglich, wenn sie „im öffentlichen Interesse“ liegt (wozu leider offenbar auch die Bundeswehr gezählt wird, die mittels Gruppenauskünften regelmäßig Jugendliche fürs Töten werben möchte).

Mit öffentlichem Interesse in diesem Sinn kann ausgewählt werden nach Geburtsdatum, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Anschrift, Ein- und Auszugsdatum sowie Famlienstand.

Diese Übermittlungen können erschwert werden durch einen Sperrvermerk nach §51 BMG; dafür müssen die Betroffenen aber glaubhaftmachen, dass „durch eine Melderegisterauskunft eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen erwachsen kann“, was zumindest schwierig ist. Mit so einem Sperrvermerk fragt die Behörde vor einer Übertragung nach (oder lässt sie ganz).

Analog können Menschen im Knast, in Pflegeeinrichtungen oder in der Reha nach §52 BMG einen bedingten Sperrvermerk einrichten lassen; die Meldebehörde muss dann vor einer Übertragung prüfen, ob „ine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen ausgeschlossen werden kann”.