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= Polizeiliche Datenbanken auf Europäischer Ebene =


Ein etwas älterer Artikel zu den Hintergründen findet sich in der Zeitung der Roten Hilfe: http://www.rote-hilfe.de/rhz/rhz199703/rhz397001.html

== SIS ==
(Schengener Informationssystem):
größtes polizeiliches IT-System in Europa. Soll die Öffnung der Binnengrenzen kompensieren.
Ende 2001 speicherte es knapp 11 Millionen Falldaten.

Bisher: Fahndungsdaten über Personen und Gegenstände, Daten ziemlich begrent und standardisiert, Kontrolle durch
gemeinsame Kommission aus Datenschutzbehörden der Länder. Aber etwas
unklar, Europaparlament hat vergeblich klare Regelung angemahnt.

Für die Datenübertragung wird das Netzwerk SISNET benutzt.

2006 neuer Computer für 157 ME, für biometrische Daten konzipiert (siehe SIS II).
http://archiv.vol.at/tmh/zr/national/newswelt/APS_News_Welt-149317.shtm

 * http://www.datenschutzzentrum.de/faq/europol.htm
 * http://de.wikipedia.org/wiki/Schengener_Informationssystem
 * http://zone.noborder.org/x11/templ/artikel_det.php?itemid=15
 * http://europa.eu.int/scadplus/leg/de/lvb/l33020.htm

== SIS II ==

Für 2006 geplante Erweiterung von SIS: zusätzliche Identifikationsdaten sollen verwendet werden: Fotografien, Fingerabdrücke und "möglicherweise andere Materialien" (DNA-Profile), biometrische Daten. Personen sollen mit "Aufklärungskennzeichen" versehen werden, wenn sie im Verdacht stehen, eine Straftat begangen zu haben, oder eine "psychologische Gefahr" darstellen oder bestimmte Gegenstände "besitzen, mit sich führen oder gebrauchen". Daten unterschiedlicher Personen und Objekte sollen miteinander verknüpft werden, um eine Überwachung für eine bestimmte Gruppe zu initiieren.

Jede SIS-Suche soll dokumentiert werden.

SIS II-Daten sollen künftig auch Europol und Eurojust zur Verfügung stehen. Europol soll Daten hinzufügen, abändern oder löschen können. Die StaatsanwältInnen von Eurojust werden über SIS II Zugriff auf den Europäischen Haftbefehl erhalten, der dort gespeichert ist und der an die Polizei entweder über ein Sirene-Büro oder Interpol übermittelt werden soll. Behörden, die für AsylbewerberInnen zuständig sind, sowie Einwohnemelderämter, die für die Ausgabe von Identitätsausweisen zuständig sind, sollen auf SIS II zugreifen können, außerdem Kraftfahrzeugämter und Kreditanstalten im Zuge der grenzüberschreitenden Betrugsbekämpfung. Auch Inlandgeheimdiensten soll der Zugriff zur geplanten ?Terroristen-Datenbank? möglich sein.

 * http://www.no-racism.net/migration/sis_mehr_daten131003.htm
 * http://europa.eu.int/scadplus/leg/de/lvb/l33183.htm
 * http://www.europarl.eu.int/meetdocs/committees/ libe/20021203/com(2001)0720_de.pdf
 * http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/12290/

== Netzwerke: Sirene - SISNET ==

Über das Sirene-System (Sirene - Supplément d'Information Requis a l'Entrée Nationale - Supplementary Information Request at the National Entry) konnte die Polizei länderübergreifend über bestimmte Personen Ergänzungsinformationen zu SIS-Daten beziehungsweise "weiche Daten" anfordern. Galt als wesentlich effizienter als das Interpol-System.

Sirene wurde 2001 durch SISNET ersetzt.

 * http://www.wsws.org/de/2002/jul2002/sevi-j02.shtml
 * www.europarl.eu.int/meetdocs/committees/ libe/20021203/com(2001)0720_de.pdf

== TECS ==

http://www.infolinks.de/cilip/ausgabe/61/tecs.htm -- The Europol
Computer Systems, DB des Europäischen Polizeiamts ("Dritte Säule der
EU") -- 1 Million Records geplant. SIS ist demgegenüber vor allem "erste
Säule", d.h. auf den "Schutz der Außengrenzen", Migration und
Zivilrecht angelegt. De facto scheint SIS aber durchaus auch Daten
von straffälligen EU-Inländer''''''Innen zu enthalten (und es [http://europa.eu.int/scadplus/leg/de/cig/g4000s.htm ist umstritten], ob es nicht auch dritte Säule sein kann).

Zwei "Pfeiler"
 1. "Informationssystem", Registerdatenbank über Verurteilte, Verdächtige und potentiell verdächtige Personen
 2. "Analysesystem", zusätzlich Opfer, Kontaktpersonen, Zeug''''''Innen, "andere Personen", Daten über Gesundheit, Sexualität u.a. erlaubt. Unmittelbarer Zugang hier nur durch Europol und ausgesuchte "Expert''''''Innen".

Jede Person hat das Recht, die jeweilige nationale Kontrollinstanz zu ersuchen, die Zulässigkeit der Eingabe und Übermittlung von sie betreffenden Daten an EUROPOL sowie des Abrufs dieser Daten durch den jeweiligen Mitgliedstaat zu überprüfen.

 * http://www.bfd.bund.de/dsvonaz/e5.html

== EURODAC ==

1999 offenbar zwischendurch eingefrorener Plan zur Erfassung von Fingerabdrücken von
Migrant''''''Innen, http://www.infolinks.de/cilip/ausgabe/62/europa62.htm,
scheints jetzt aber
[http://europa.eu.int/scadplus/leg/en/lvb/l33081.htm doch zu geben].
Lebensdauer der Daten 10 Jahre oder bis zur Einbürgerung. [http://www.bfd.bund.de/information/tb19/node49.html#SECTION00911000000000000000 Wer kontrolliert Eurodac?]

[http://www.heise.de/newsticker/meldung/33690/ Läuft seit Januar 2003] und enthält Fingerabdrücke von allen Asylberwerber''''''Innen über 14 Jahren in den EU-Staaten (bis auf Dänemark und Norwegen).

 * http://www.wsws.org/de/2002/jul2002/sevi-j02.shtml

== EUCARIS ==

European Car Information System -- Europaweites KFZ-Register.
Funktionsfähigkeit unbekannt.

== IRENE ==

Datenbank von OLAF, offenbar vor allem gegen Wirtschaftskriminalität
gerichtet.

== Enfopol ==

Zur Zusammenarbeit der Innen- und Justizministerien geschaffen, außerhalb der parlametarischen Kontrolle. Eines der Ziele ist es, die Möglichkeit zur permanenten Überwachung des gesamten Telefon- und Datenverkehrs zu haben und die Verschlüsselung von Firmen- und Privatdaten in Computernetzen zu unterbinden, um sie überhaupt abhören zu können.
 * http://www.nadir.org/nadir/initiativ/infoladen_leipzig/camera/
 * http://kai.iks-jena.de/miniwahr/enfopol.html


["Glossar"]
Zur Einführung in die DV auf EU-Ebene taugen immer noch zwei Folgen der
Datenschmutz-Rubrik Get Connected von 2010:
[[http://datenschmutz.de/gc/html/eudb.html|Teil 1]],
[[http://datenschmutz.de/gc/html/eudb2.html|Teil 2]]. Viel dazu findet
sich auch in der [[http://digit.gipfelsoli.org/|Artikelsammlung von Matthias Monroy]].

<<TableOfContents>>


= Zentrale Datenbanken =

 * [[SIS]] (vgl. auch [[SIS-alt]] für jede Menge Geschichte, Zahlen und Anekdoten) -- Schengener Informationssystem (Fahndungsdaten für Personen und Sachen, verdeckte und offenene Ausschreibungen)
 * [[Europol]] (Datenbanken des Europäischen Polizeiamtes Europol, allen voran das „EU-weite [[KAN]]-Äquivalent [[EIS]])
 * [[EURODAC]] -- Fingerabdrücke von allen Asylbewerber_innen
 * [[VIS]] -- Visadatenbank
 * SSI – „Single Search Interface”, im <<Doclink(2016-hlexperts-report3.pdf,3. Bericht der expert group on information systems)>> diskutierter Plan, eine einheitliche Suchschnittstelle zu den großen Datenbanken (SIS, VIS, EIS) zu schaffen. Dazu soll auch ein noch nicht näher benannter „Shared biometric matching service” kommen, um Fingerabdrücke, DNA-Spuren und Fotos abgleichen zu können
 * [[CIS und FIDE]] -- Datenbanken für den Zoll mit Zugriffsmöglichkeiten von Europol und Eurojust
 * [[EU-PNR]] -- Speicherung von Fluggastdaten (vgl. auch unten zum Transfer von [[PNR]] in Drittstaaten]]
 * [[Entry-Exit-System]] oder EES -- Fluggastdaten von Nicht-EU Bürgern bei Ein- und Ausreise aus der EU (in Aufbau)
 * [[Eurojust]] -- Gemeinsame Datenbank der Staatsanwaltschaften
 * [[SitCen]] -- Datenbanken des europäischen Geheimdienstes WikiPedia:Joint_Situation_Centre
 * [[FRONTEX]] -- Datenbanken der europäischen Grenzschutzagentur
 * Auch die EU gibt eine [[Terrorlisten|Terrorliste]] heraus
 * [[OLAF]] Datenbanken der Anti-Korruptionsbehörde der EU-Komission

Seit 2016 findet unter dem Schlagwort „Interoperabilität“ auf EU-Ebene
eine groß angelegte Debatte statt um ein Niederreißen der Grenzen
zwischen diesen Systemen. Geballte Informationen dazu im
[[http://www.statewatch.org/interoperability/eu-big-brother-database.htm|Statewatch Observatory zur Interoperability]]

= Denzentralisierte Informationssysteme =

Die EU reguliert bzw. mandatiert verschiedene Systeme zum Austausch
verschiedener Daten zwischen verschiedenen Repressions- und Präventionsorganen
der Nationalstaaten. Ein etwas in die Jahre gekommenes Schlagwort dazu ist
„Prinzip der Verfügbarkeit”. Generelle Überlegungen von offizieller Seite
finden sich etwa in <<Ratsdokument(16637/09)>> (2009).

 * [[Vertrag von Prüm]] -- Regelung für den vereinfachteren bilateralen Austausch von DNA-Daten und Nachweisakten zwischen einigen EU-Staaten (derzeit 10 und Norwegen)
 * [[ECRIS]] -- European Criminal Records Information System (EU-weites [[Bundeszentralregister]])
 * [[EPRIS]] -- European Police Records Index System; eine Art europaweiter [[KAN|Kriminal Akten Nachweis]] (in Planung)
 * [[API]] Flugastdaten von Einreisenden aus Drittstaaten in die EU
 * [[VISION]] -- VISA Austausch bei Verdacht auf Terrororismus und Organisierte Kriminialität
 * [[Zusammenarbeit der Zollbehörden]] im Rahmen des Neapel II-Vertrages
 * [[FIU.net]] Kontodaten- und Kontobewegungs- Austausch um Terrorismusfinanzierungsprogramme zu entdecken (für Zoll, Polizei und Staatsanwaltschaften)
 * [[Schwedische Initiative]] zeitlich befristeter Datenaustausch von Ermittlungsdaten (DNA, Nachweisakten, ... ) zwischen den nationalen Polizeibehörden, d.h. eine Art EU-weit gültiger Vertrag von Prüm (in Planung)
 * [[ARO]] -- Asset Recovery Offices cooperation, Austausch von Bankkonten, KFZ-Kennzeichen bei Ermittlungen, teil der Schwedischen Initiative (in Planung)
 * [[National and EU-Cybercrime Platforms]]

= Datenbanken der EU für den Nicht-Repressionsbereich =
 
 * [[RISER]] -- EU-weites [[Melderegister]] (Pilotphase)
 * [[EUCARIS]] -- EU-weites Kraftfahrzeugbundesamt
 * [[CECIS]] -- Datenbank Infrastruktur zum [[Katastrophenschutz]]

= Verträge zum Bi- oder Multilateralen Datenaustausch =

  * [[EU-SEC II]] Datenaustausch über Verbindungsbeamte bei Großereignissen (WM, G8, ... )
 * [[PNR]] Fluggastdatenweitergabe an die USA, Australien und Kanada
 * [[SWIFT]] offiziell heißt das EU-US TFTP-Agreement und ist ein Abkommen für die Weitergabe von Daten über internationale Überweisungen aus der EU an die USA

= Infrastruktur =

 * [[SIRENE]] -- Die Sirenen verwalten den nationalen Spiegel von [[SIS]], in der BRD ist die Sirene beim [[BKA]] angegliedert
 * [[SIENA]] – Infrastruktur zum Austausch von Polizeidaten


= Rechtsgrundlagen =

Eine Übersicht über die gesetzlichen Grundlagen der EU-[[Datenbanken]] und Austauschsysteme gibt es auf der Webseite der EU:

 [[http://europa.eu/legislation_summaries/justice_freedom_security/free_movement_of_persons_asylum_immigration/jl0040_de.htm|Informationsmanagement im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht]]


== Vor dem Lissabon Vertrag außerhalb der EU ==

Vor dem Vertrag von Lissabon wurde über die EU gerne von drei Säulen (vgl [[http://de.wikipedia.org/wiki/Drei_S%C3%A4ulen_der_Europ%C3%A4ischen_Union|Wikipedia-Artikel zu den drei Säulen der EU]]) räsoniert: Die erste Säule ist der Binnenmarkt und die Wirtschaftspolitik, die zweite Säule die gemeinsame Außen- und "Sicherheits"politik, die dritte Säule die Zusammenarbeit in der Repression (d.h. die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS)) . Das hat bedeutet, dass im Rahmer der Repression der EU-Rat (d.h. die Innenminister der EU-Mitgliedsstaaten) alleine (d.h. ohne das EU-Parlament) über den Bereich entscheiden konnten (bis auf [[SIS|Schengen]]).

Interessanterweise wurde Schengen vor allem in der ersten Säule verortet (wg. Binnenmarkt).Das war teilweise unbequem, weil in der ersten Säule (im Gegensatz zu den anderen) im Prinzip die [[Datenbanken EU#EU-Datenschutzrichtlinie|EU-Datenschutzrichtlinie]] (die überall in nationalem Recht reflektiert sein sollte) gegolten hätte, und so wurde vielfach laviert. Generell wird in den Vereinbarungen häufig auf nationales Recht verwiesen; mit wachsender Routine gibts aber immer mehr gemeinsame Regelungen.


== Seit dem Lissabon Vertrag als Teil der EU ==

Inzwischen gilt der [[Lissabon-Vertrag]], mit dem die Säulenkonstruktion im Wesentlichen wegfällt. Auch die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit muss inzwischen vom EU-Parlament abgesegnet werden. Das EU-Parlament kann aber weiterhin keine eigenen Gesetze einbringen. [[Europol]] gilt aber trotz der Eingliederung der dritten Säule in die EU weiterhin eine supranationale Organisation.

Auch für den Datenschutz ist inzwischen das EU-Parlament mit verantwortlich, dieses steht in [[Datenbanken EU#Artikel 16 AEUV|Artikel 16]] des [[http://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_%C3%BCber_die_Arbeitsweise_der_Europ%C3%A4ischen_Union|AEU Vertrages]] (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union).

Auch die EU-Grundrechtecharta, auf die aus der Lissabon-Schlussakte verwiesen wird, definiert in Art. 8 ein Auskunfts- und Berichtigungsrecht. Leider haben der Europäische Gerichtshof (EuGH) und seine Freunde bislang nicht sehr datenschutzfreundlich entschieden, so dass diese Rechtsgarantien (etwa im Hinblick auf die haarsträubenden Regelungen zu [[SIS]] und den [[Europol]]-Datenbanken) nicht viel Wert sein mögen und sicher irgendwo in den 400 Seiten Vertragswerk ([[Lissabon-Vertrag]] + AEU Vertrag) eine Ausnahmeregelung für die Sicherheitsbehörden steht.

=== Artikel 16 AEUV ===

{{{#!blockquote
Das Europäische Parlament und der Rat erlassen gemäß dem
ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Vorschriften über den Schutz natürlicher
Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe,
Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie durch die Mitgliedstaaten
im Rahmen der Ausübung von Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich des
Unionsrechts fallen und über den freien Datenverkehr. Die Einhaltung dieser
Vorschriften wird von unabhängigen Behörden überwacht.
}}}

Das ist für EU-Verhältnisse ziemlich viel und wird von Seiten der
BRD-Datenschützer``Innen für für Polizei und Justiz als bindend
verstanden, wie der LfDI Hessen in seinem
[[http://www.datenschutz.hessen.de/download.php?download_ID=180&download_now=1|37. TB]] (2.3) meint.

[[http://www.flegel-g.de/lissabon/Protokoll21.html|Zusatzprotokolle 21]]
und
[[http://www.flegel-g.de/lissabon/Protokoll22.html|22]]
zum [[Lissabon-Vertrag]] verlangen für eine Gültigkeit dieser Normen in
Dänemark, Irland und UK spezielle Vereinbarungen.

== EU-Datenschutzrichtline ==

Seit 1995 ist die <<Doclink(2002-eurat-dsrichtlinie.pdf,EU-Datenschutzrichtlinie)>>
zu beachten (d.h. in nationales oder passendes EU-Recht umzusetzen).

Am 25.5.2018 wird die EU-Datenschutzgrundverordnung
(<<Ratsdokument(2016/679/OJ)>>) EU-weit unmittelbar geltendes Recht.
Relativ brauchbare Hintergründe
dazu liefert u.a. [[https://de.wikipedia.org/wiki/Datenschutzgrundverordnung|der zugehörige Wikipedia-Artikel]].


= Datenschutzkontrolle =

== Europäischer Datenschutzbeauftragter ==

Der Europäische [[Datenschutzbeauftragten|Datenschutzbeauftragte]]
(engl. EDPS, European Data Protection Supervisor, frz. Contrôleur
européen de la protection des données, CEPD) ist eine unabhängige
Kontrollbehörde der Europäischen Union, errichtet auf der Grundlage der
Verordnung (EG) Nr. 45/2001 (Datenschutzverordnung) um die EG-Organe und
-Einrichtungen datenschutzrechtlich zu beraten und zu überwachen. Er hat
seinen Sitz in Brüssel und ist seit 2004 Mitglied der Internationalen
Konferenz der Beauftragten für den Datenschutz und den Schutz der
Privatsphäre. Damit der Europäische Datenschutzbeauftragte seiner
Aufgabe als unabhängige Kontrollbehörde nachkommen kann, wurde sein Amt
durch die EG-Verordnung 45/2001 unabhängig und weisungsfrei gestaltet.
Er ist keinem EU-Organ und keiner anderen EU-Einrichtung unterstellt und
genießt dieselbe Immunität wie die Mitglieder des Europäischen
Gerichtshofs. Für supranationale Organisationen, wie [[Europol]] ist der
EU-Datenschutzbeauftragte allerdings nicht zuständig.

Was für ein furchtbarer Speichellecker und zahnloser Waschlappen der
EDPS ist, wird ganz schön deutlich im
<<Doclink(2016-hlexperts-report3.pdf,3. Bericht der expert group on information systems)>>.
Gerade haben die „Experten” Datenschutz mit „Common Repositories” und
einheitlichen Biometrie- und Auskunftsdiensten über die (zumindest nach
Datenschutzbarock ja auch guten Gründen getrennten) verschiedenen
Datenbanken in der EU hinweg abgeräumt, da trägt der EDPS vor, und statt
zu sagen, dass Rechtsstaat und Datenschutz bedeutet, dass eben nicht
alles gemacht wird, was die Polizei irgendwie für nützlich hält, kommt
dann Gerede wie (S. 5f)

{{{#!blockquote
[...] the objectives — to do more with less, data minimisation and data
quality — can be common with data protection. Data protection and data
flows are not polar opposites and modern data protection could be a
win-win for both data controllers and data protection authorities.
[...]

Systems set up for different purposes and made available to different
officials can resemble silos, which can limit the purposes for which
data are processed, but might be bad for efficiency and cooperation. Yet
the need for better exploitation of data should respect in practice all
data protection principles.

Interoperability should be about making sure that the right people can
get the right data at the right time, subject to the necessary checks
and balances. [...]

The EDPS was ready to work with the group to prepare a better future,
where EU databases for border management and for law enforcement better
embed a modern set of core data protection principles. For example,
interpreting the data minimisation principle as allowing, or
encouraging, the merging of data from several databases may [MAY! au
weia!] represent a misunderstanding of this concept.
}}}

Bei solch tapferen Vertretern der Bürger_innenrechte mag mensch beruhigt
schlafen gehen.

== JSB bzw. GKI ==

Als Ersatz für richtige
[[Datenschutzbeauftragten|Datenschutzbeauftragten]] haben [[Europol]],
[[Eurojust]] und [[SIS]] so genannte [[JSB]]s (Joint Supervisory Bodies;
deutsch: Gemeinsame Kontrollinstanz, GKI)
oder Authorities, in denen je zwei Vertreter''''''Innen der nationalen
Datenschutzbehörden der Mitgliedsstaaten sitzen. Diese sind für die
allgemeine Kontrolle und individuelle Beschwerden zuständig. Der EDPS
pflegt (hoffentlich) eine
[[http://www.edps.europa.eu/EDPSWEB/edps/site/mySite/pid/79|Liste der JSBs]]

= Geschichtliches =

Vgl. [[/Geschichte]]

= Die Behörde für die großen IT-Systeme (LISA) =

Mit den Plänen für [[SIS II]] auch eine Diskussion über eine
Professionalisierung des Betriebs der Computersysteme im
Repressionsbereich auf. Die Pläne konkretisierten sich zur Vorstellung
gener "Agentur für große IT-Systeme" (Agency for large scale IT
systems), die jedenfalls [[SIS II]], [[VIS]] und [[EURODAC]],
möglicherweise aber auch noch weitere Systeme betreiben soll.

Die Agentur wurde 2011 verabschiedet
(<<Ratsdokument(10827/1/11,de)>>).
Die Regulierung sieht vor, dass die Agentur in Tallin sitzt, die Arbeit
aber im wesentlichen in Straßburg gemacht wird (wo ja derzeit schon SIS
betrieben wird und wo auch laut SIS II-Gesetzgebug SIS II laufen soll).
Ebenfalls aus der SIS II-Gesetzgebung übernommen ist der Spiegel der
Systeme in Sankt Johann im Pongau.

= Die Rolle der BRD =

Wenn etwa bei [[Vorratsdatenspeicherung]] und beim [[E-Perso]] die Berliner Regierung so tut als würde sie von Brüssel unter Druck gesetzt, stimmt das nicht. Denn die Vorgaben in Brüssel werden durch die nationalen Regierungen (EU-Rat) in die Kommission eingebracht, zumeist von [[Frankreich]], dem [[UK]] oder der BRD. Von deutscher Seite geschieht das meist noch durch massiven Lobbyismus der [[Bertelsmann-Stiftung]]. So auch im Bereich der Inneren Sicherheit (Innere Sicherheit ist [[Neusprech]] für Repression).
Dies zeigt sich etwa in der Entwicklung zum [[Vertrag von Prüm]] und der
[[Future Group]].
[[http://www.statewatch.org/news/2010/may/eu-prum-info-exchange-implementation-5904-rev1-10.pdf|Ratsmitteilung 5904 1 10]] (pdf, S. 5)
zeigt, dass noch 2010
die Biometrie-Experten für das [[Vertrag von Prüm|Prüm-System]]
unter einer [[BKA]]-Mailadresse erreichbar waren.

Drastisch ist auch die geplante der Speicherung von potentiellen
"Troublemakern" in dem Fahndungssystem [[SIS]], einer Idee der
deutschen Regierungen seit den Gipfeln von Göteborg und Genua im Jahre
2001. Eine schöne Abhandlung darüber steht in der
[[http://www.statewatch.org/analyses/no-93-troublemakers-apr-10.pdf|Analyse
93 der britischen Bürgerrechtsorganisation Statewatch]], die auf den
bemerkenswerten Umstand verweist, dass auch nach fast zehn Jahren
Lobbying außer der BRD nur Dänemark das Konstrukt von ''zukünftigen''
"Gewalttätern" überhaupt in Rechtsform gebracht haben und die BRD immer
noch allein steht in deren datenbankmäßiger Erfassung. Der Stand 2009 ist
in <<Ratsdokument(5450/09)>> niedergelegt.

Der Dissens zwischen Bundesregierung und fast allen anderen Machthabern
innerhalb der EU zeigt sich auch an den Machbarkeitsstudien zu EPRIS und
der [[Gefährder]]-Datei; vgl. [[EPRIS#Gefahrder|Geschichte von EPRIS]].

TODO: Troublemaker/Gefährder-Datei als Extra-Thema ausgliedern


= Forschungs-Rahmenprogramme =

Im Rahmen ihrer Forschungsrahmenprogramme legt die EU inzwischen
regelmäßig auch Förderprogramme für so genannte Sicherheitsforschung
auf. Dabei geht es um [[Katastrophenschutz]], Schutz vor Massenpaniken
bei Großereignissen, Migrationskontrolle, Computergestützte Auswertung
der [[Videoüberwachung]] und vieles weitere.

Für das FP7 zeigt ein
[[http://www.eurosfaire.prd.fr/7pc/doc/1245938184_security_research_2009.pdf|Katalog von Projekten im Sicherheitsbereich]]
der EU-Kommission das Spektrum der geförderten Vorhaben -- und auch, wie
die Programme häufig nur schlecht getarnte Industriesubvention sind.

Die Informationsstelle Militarisierung in Tübingen weist dabei auf die
Verbindungen zum Militärisch-Industriellen Komplex hin:
("[[http://www.imi-online.de/2010.php?id=2081|Rüstung durch die Hintertür: Das EU-Sicherheitsforschungsprogramm]]").

== INDECT ==

Mit dem Projekt [[INDECT]] sollen alle Datenbanken und sonstigen
gewonnenen Erkenntnisse der europäischen Sicherheitsbehörden mittels
[[Data Mining]] zur Vorhersage von Verbrechen verknüpft werden. INDECT
war eines der ersten EU-"Sicherheitsforschungs"-Projekte, die größere
öffentliche Aufmerksamkeit erhielten, unter anderem aufgrund eines
<<Doclink(2008-indect-werbevideo.ogv,vom Projekt selbst produzierten Werbevideos)>>
(Warnung: 40 MB), das schon fast denunziatorisch die
Überwachungsfantasien der Macher darstellte.


== SAMURAI ==

SAMURAI Suspicious and Abnormal behaviour Monitoring Using
a netwoRk of cAmeras & sensors for sItuation awareness enhancement

Intelligente [[Videoüberwachung]] in Bahnhöfen, Flughäfen und Einkaufszentern.

== ODYSSEAY ==

ODYSSEAY Strategic Pan-European Ballistics Intelligence Platform for Combating Organised Crime and Terrorism

Eine Art EU-weite Datensammlung zum Waffenschmuggel, dabei sollen auf die Daten auch [[Data Mining]] Programme angewendet werden.

== AMASS ==

AMASS Autonomous Maritime Surveillance System

Automatische Detektion von Flüchtlingsbooten koordininiert von Carl Zeiss.

== Godiac ==

Godiac ist ein internationalem Forschungsvorhaben unter Leitung der schwedischen Polizei mit, das sich „Good practice for dialogue and communication as strategic principles for political manifestations in Europe“ nennt. Das Ziel ist es Demonstrationstaktiken zu erforschen und es steht unter der Leitungs [[Schweden]]s. Deutschland ist [[Niedersachsen]] durch zwei MitarbeiterInnen des Sozialwissenschaftlichen Dienst der niedersächsischen Polizei und durch die Deutsche Hochschule für Polizei in Münster ([[NRW]]) an dem Projekt beteiligt. Erste Feldforschungen fanden bei den Castor-Transporten 2010 in Niedersachsen statt.

  [[http://monsters.blogsport.de/2011/05/04/niedersachsen-erforscht-demos/|Monsters: Niedersachsen erforscht Demos, 4.05.2011]]



= Wahrscheinlich tote Projekte =

In der EU blüht das Projektwesen -- irgendwer kriegt ein "Projekt", labt sich ein paar Jahre an den Fleischtöpfen und zieht dann weiter. Wir glauben, dass die folgenden Datenbanken nicht mehr wirklich betrieben werden. Wer Gegenteiliges weiß: Dies ist ein Wiki.

 * [[FADU]]
 * [[IRENE]]

= Informelle Initiativen =

== CoPPra ==

Eine von der belgischen EU-Präsidentschaft ins Leben gerufene Initiative, die
das Ziel hatte, durch offenbar eher konventionalle Polizeiarbeit
„Radikalisierungsprozesse” aufzudecken. Dabei ist von Deutscher Seite die
Polizei NRW beteiligt. Laut [[http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument?Id=MMD15/1867&quelle=alle|NRW-Landtagsdrucksache 15/1867]] (2011)
sei diese da nur so mit reingerutscht, da ein Beamter des
Innenministeriums NRW zum Entstehungzeitpunkt in den Europarat abgeordnet
gewesen wäre.

[[http://police-eu2010.be/mu-eu2010/en/projects-1/coppra/|Offizielle CoPPra Webseite]]


== OPC ==

OPC (Observatory for the Prevention of Crime) im Stockholm-Programm 2010 vorgeschlagene Institution up an Observatory for the Prevention of Crime (OPC), "the tasks of which will be to collect, analyse and disseminate knowledge on crime (including statistics) and crime prevention"

Das OPC soll ein "Instrument zum Beobachten von
Radikalisierungsprozessen innerhalb der EU sein. Das
[[http://www.statewatch.org/news/2010/apr/eu-council-info-gathering-uardicalisation-8570-10.pdf|Ratsdokument 8570/10]] schlägt dazu ein "Instrument" vor, mit dem die Mitgliedsstaaten, [[Europol]], [[Eurojust]] und der EU-Geheimdienst [[SitCen]] Informationen über Menschen austauschen sollen, von denen sie glauben, sie wollten TerroristInnen werden. In der Fassung von 2010 klingt das recht nebulös, so dass unklar ist, was da eigentlich geplant ist.

== Remote Forensic Software User Group ==

Die Remote Forensic Software User Group ist eine im Jahre 2008 gegründete Gruppe. Anlaß ihrer Gründung war laut [[http://www.jungewelt.de/2011/11-14/047.php|Junger Welt vom November 2011]] die Promotion für deutsche [[Staatstrojaner]] auf internationalem Parkett: Zu Beginn firmierte der Polizeizusammenschluß sogar noch als [[Hersteller#DigiTask|DigiTask]] User Group. Beteiligt sind neben dem [[BKA]] [[Belgien]], die [[Niederlande]], [[Österreich]] und die [[Schweiz]] und die Bundesländer BaWü und [[Bayern]].

== ECG ==

Die European Cooperation Group on Undercover Activities" (ECG) ist ein informeller Zusammenschluss von den meisten EU-Staaten (ausgenommen Griechenland, Irland, Luxemburg, Malta und Zypern) und weiteren europäischen Ländern zur Koordinierung von europaweiten Einsätzen von [[Verdeckte Ermittler|Verdeckte Ermittler]]. Die ECG existiert laut Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken seit 2001. Die Treffen werden einmal jährlich in einem ECG-Mitgliedstaat abgehalten. Internationale Organisationen wie [[Interpol]] oder [[Europol]] seien wie "privatrechtliche Organisationen" nicht beteiligt.

 [[http://www.heise.de/tp/artikel/34/34733/1.html| Telopolis: Spitzel aller Länder, 13.05.2011]]

 [[http://www.andrej-hunko.de/presse/531-den-internationalen-spitzelstammtisch-aufloesen|PM Andrej Hunko: Den internationalen Süpitzelstammtisch auflösen]]

Zur Einführung in die DV auf EU-Ebene taugen immer noch zwei Folgen der Datenschmutz-Rubrik Get Connected von 2010: Teil 1, Teil 2. Viel dazu findet sich auch in der Artikelsammlung von Matthias Monroy.

Zentrale Datenbanken

  • SIS (vgl. auch SIS-alt für jede Menge Geschichte, Zahlen und Anekdoten) -- Schengener Informationssystem (Fahndungsdaten für Personen und Sachen, verdeckte und offenene Ausschreibungen)

  • Europol (Datenbanken des Europäischen Polizeiamtes Europol, allen voran das „EU-weite KAN-Äquivalent EIS)

  • EURODAC -- Fingerabdrücke von allen Asylbewerber_innen

  • VIS -- Visadatenbank

  • SSI – „Single Search Interface”, im 3. Bericht der expert group on information systems diskutierter Plan, eine einheitliche Suchschnittstelle zu den großen Datenbanken (SIS, VIS, EIS) zu schaffen. Dazu soll auch ein noch nicht näher benannter „Shared biometric matching service” kommen, um Fingerabdrücke, DNA-Spuren und Fotos abgleichen zu können

  • CIS und FIDE -- Datenbanken für den Zoll mit Zugriffsmöglichkeiten von Europol und Eurojust

  • EU-PNR -- Speicherung von Fluggastdaten (vgl. auch unten zum Transfer von PNR in Drittstaaten]]

  • Entry-Exit-System oder EES -- Fluggastdaten von Nicht-EU Bürgern bei Ein- und Ausreise aus der EU (in Aufbau)

  • Eurojust -- Gemeinsame Datenbank der Staatsanwaltschaften

  • SitCen -- Datenbanken des europäischen Geheimdienstes Joint_Situation_Centre

  • FRONTEX -- Datenbanken der europäischen Grenzschutzagentur

  • Auch die EU gibt eine Terrorliste heraus

  • OLAF Datenbanken der Anti-Korruptionsbehörde der EU-Komission

Seit 2016 findet unter dem Schlagwort „Interoperabilität“ auf EU-Ebene eine groß angelegte Debatte statt um ein Niederreißen der Grenzen zwischen diesen Systemen. Geballte Informationen dazu im Statewatch Observatory zur Interoperability

Denzentralisierte Informationssysteme

Die EU reguliert bzw. mandatiert verschiedene Systeme zum Austausch verschiedener Daten zwischen verschiedenen Repressions- und Präventionsorganen der Nationalstaaten. Ein etwas in die Jahre gekommenes Schlagwort dazu ist „Prinzip der Verfügbarkeit”. Generelle Überlegungen von offizieller Seite finden sich etwa in Ratsdokument 16637/09 (2009).

  • Vertrag von Prüm -- Regelung für den vereinfachteren bilateralen Austausch von DNA-Daten und Nachweisakten zwischen einigen EU-Staaten (derzeit 10 und Norwegen)

  • ECRIS -- European Criminal Records Information System (EU-weites Bundeszentralregister)

  • EPRIS -- European Police Records Index System; eine Art europaweiter Kriminal Akten Nachweis (in Planung)

  • API Flugastdaten von Einreisenden aus Drittstaaten in die EU

  • VISION -- VISA Austausch bei Verdacht auf Terrororismus und Organisierte Kriminialität

  • Zusammenarbeit der Zollbehörden im Rahmen des Neapel II-Vertrages

  • FIU.net Kontodaten- und Kontobewegungs- Austausch um Terrorismusfinanzierungsprogramme zu entdecken (für Zoll, Polizei und Staatsanwaltschaften)

  • Schwedische Initiative zeitlich befristeter Datenaustausch von Ermittlungsdaten (DNA, Nachweisakten, ... ) zwischen den nationalen Polizeibehörden, d.h. eine Art EU-weit gültiger Vertrag von Prüm (in Planung)

  • ARO -- Asset Recovery Offices cooperation, Austausch von Bankkonten, KFZ-Kennzeichen bei Ermittlungen, teil der Schwedischen Initiative (in Planung)

  • National and EU-Cybercrime Platforms

Datenbanken der EU für den Nicht-Repressionsbereich

Verträge zum Bi- oder Multilateralen Datenaustausch

  • EU-SEC II Datenaustausch über Verbindungsbeamte bei Großereignissen (WM, G8, ... )

  • PNR Fluggastdatenweitergabe an die USA, Australien und Kanada

  • SWIFT offiziell heißt das EU-US TFTP-Agreement und ist ein Abkommen für die Weitergabe von Daten über internationale Überweisungen aus der EU an die USA

Infrastruktur

  • SIRENE -- Die Sirenen verwalten den nationalen Spiegel von SIS, in der BRD ist die Sirene beim BKA angegliedert

  • SIENA – Infrastruktur zum Austausch von Polizeidaten

Rechtsgrundlagen

Eine Übersicht über die gesetzlichen Grundlagen der EU-Datenbanken und Austauschsysteme gibt es auf der Webseite der EU:

Vor dem Lissabon Vertrag außerhalb der EU

Vor dem Vertrag von Lissabon wurde über die EU gerne von drei Säulen (vgl Wikipedia-Artikel zu den drei Säulen der EU) räsoniert: Die erste Säule ist der Binnenmarkt und die Wirtschaftspolitik, die zweite Säule die gemeinsame Außen- und "Sicherheits"politik, die dritte Säule die Zusammenarbeit in der Repression (d.h. die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS)) . Das hat bedeutet, dass im Rahmer der Repression der EU-Rat (d.h. die Innenminister der EU-Mitgliedsstaaten) alleine (d.h. ohne das EU-Parlament) über den Bereich entscheiden konnten (bis auf Schengen).

Interessanterweise wurde Schengen vor allem in der ersten Säule verortet (wg. Binnenmarkt).Das war teilweise unbequem, weil in der ersten Säule (im Gegensatz zu den anderen) im Prinzip die EU-Datenschutzrichtlinie (die überall in nationalem Recht reflektiert sein sollte) gegolten hätte, und so wurde vielfach laviert. Generell wird in den Vereinbarungen häufig auf nationales Recht verwiesen; mit wachsender Routine gibts aber immer mehr gemeinsame Regelungen.

Seit dem Lissabon Vertrag als Teil der EU

Inzwischen gilt der Lissabon-Vertrag, mit dem die Säulenkonstruktion im Wesentlichen wegfällt. Auch die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit muss inzwischen vom EU-Parlament abgesegnet werden. Das EU-Parlament kann aber weiterhin keine eigenen Gesetze einbringen. Europol gilt aber trotz der Eingliederung der dritten Säule in die EU weiterhin eine supranationale Organisation.

Auch für den Datenschutz ist inzwischen das EU-Parlament mit verantwortlich, dieses steht in Artikel 16 des AEU Vertrages (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union).

Auch die EU-Grundrechtecharta, auf die aus der Lissabon-Schlussakte verwiesen wird, definiert in Art. 8 ein Auskunfts- und Berichtigungsrecht. Leider haben der Europäische Gerichtshof (EuGH) und seine Freunde bislang nicht sehr datenschutzfreundlich entschieden, so dass diese Rechtsgarantien (etwa im Hinblick auf die haarsträubenden Regelungen zu SIS und den Europol-Datenbanken) nicht viel Wert sein mögen und sicher irgendwo in den 400 Seiten Vertragswerk (Lissabon-Vertrag + AEU Vertrag) eine Ausnahmeregelung für die Sicherheitsbehörden steht.

Artikel 16 AEUV

Das Europäische Parlament und der Rat erlassen gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Vorschriften über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie durch die Mitgliedstaaten im Rahmen der Ausübung von Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen und über den freien Datenverkehr. Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von unabhängigen Behörden überwacht.

Das ist für EU-Verhältnisse ziemlich viel und wird von Seiten der BRD-DatenschützerInnen für für Polizei und Justiz als bindend verstanden, wie der LfDI Hessen in seinem 37. TB (2.3) meint.

Zusatzprotokolle 21 und 22 zum Lissabon-Vertrag verlangen für eine Gültigkeit dieser Normen in Dänemark, Irland und UK spezielle Vereinbarungen.

EU-Datenschutzrichtline

Seit 1995 ist die EU-Datenschutzrichtlinie zu beachten (d.h. in nationales oder passendes EU-Recht umzusetzen).

Am 25.5.2018 wird die EU-Datenschutzgrundverordnung (2016/679/OJ) EU-weit unmittelbar geltendes Recht. Relativ brauchbare Hintergründe dazu liefert u.a. der zugehörige Wikipedia-Artikel.

Datenschutzkontrolle

Europäischer Datenschutzbeauftragter

Der Europäische Datenschutzbeauftragte (engl. EDPS, European Data Protection Supervisor, frz. Contrôleur européen de la protection des données, CEPD) ist eine unabhängige Kontrollbehörde der Europäischen Union, errichtet auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 (Datenschutzverordnung) um die EG-Organe und -Einrichtungen datenschutzrechtlich zu beraten und zu überwachen. Er hat seinen Sitz in Brüssel und ist seit 2004 Mitglied der Internationalen Konferenz der Beauftragten für den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre. Damit der Europäische Datenschutzbeauftragte seiner Aufgabe als unabhängige Kontrollbehörde nachkommen kann, wurde sein Amt durch die EG-Verordnung 45/2001 unabhängig und weisungsfrei gestaltet. Er ist keinem EU-Organ und keiner anderen EU-Einrichtung unterstellt und genießt dieselbe Immunität wie die Mitglieder des Europäischen Gerichtshofs. Für supranationale Organisationen, wie Europol ist der EU-Datenschutzbeauftragte allerdings nicht zuständig.

Was für ein furchtbarer Speichellecker und zahnloser Waschlappen der EDPS ist, wird ganz schön deutlich im 3. Bericht der expert group on information systems. Gerade haben die „Experten” Datenschutz mit „Common Repositories” und einheitlichen Biometrie- und Auskunftsdiensten über die (zumindest nach Datenschutzbarock ja auch guten Gründen getrennten) verschiedenen Datenbanken in der EU hinweg abgeräumt, da trägt der EDPS vor, und statt zu sagen, dass Rechtsstaat und Datenschutz bedeutet, dass eben nicht alles gemacht wird, was die Polizei irgendwie für nützlich hält, kommt dann Gerede wie (S. 5f)

[...] the objectives — to do more with less, data minimisation and data quality — can be common with data protection. Data protection and data flows are not polar opposites and modern data protection could be a win-win for both data controllers and data protection authorities. [...]

Systems set up for different purposes and made available to different officials can resemble silos, which can limit the purposes for which data are processed, but might be bad for efficiency and cooperation. Yet the need for better exploitation of data should respect in practice all data protection principles.

Interoperability should be about making sure that the right people can get the right data at the right time, subject to the necessary checks and balances. [...]

The EDPS was ready to work with the group to prepare a better future, where EU databases for border management and for law enforcement better embed a modern set of core data protection principles. For example, interpreting the data minimisation principle as allowing, or encouraging, the merging of data from several databases may [MAY! au weia!] represent a misunderstanding of this concept.

Bei solch tapferen Vertretern der Bürger_innenrechte mag mensch beruhigt schlafen gehen.

JSB bzw. GKI

Als Ersatz für richtige Datenschutzbeauftragten haben Europol, Eurojust und SIS so genannte JSBs (Joint Supervisory Bodies; deutsch: Gemeinsame Kontrollinstanz, GKI) oder Authorities, in denen je zwei VertreterInnen der nationalen Datenschutzbehörden der Mitgliedsstaaten sitzen. Diese sind für die allgemeine Kontrolle und individuelle Beschwerden zuständig. Der EDPS pflegt (hoffentlich) eine Liste der JSBs

Geschichtliches

Vgl. /Geschichte

Die Behörde für die großen IT-Systeme (LISA)

Mit den Plänen für SIS II auch eine Diskussion über eine Professionalisierung des Betriebs der Computersysteme im Repressionsbereich auf. Die Pläne konkretisierten sich zur Vorstellung gener "Agentur für große IT-Systeme" (Agency for large scale IT systems), die jedenfalls SIS II, VIS und EURODAC, möglicherweise aber auch noch weitere Systeme betreiben soll.

Die Agentur wurde 2011 verabschiedet (Ratsdokument 10827/1/11). Die Regulierung sieht vor, dass die Agentur in Tallin sitzt, die Arbeit aber im wesentlichen in Straßburg gemacht wird (wo ja derzeit schon SIS betrieben wird und wo auch laut SIS II-Gesetzgebug SIS II laufen soll). Ebenfalls aus der SIS II-Gesetzgebung übernommen ist der Spiegel der Systeme in Sankt Johann im Pongau.

Die Rolle der BRD

Wenn etwa bei Vorratsdatenspeicherung und beim E-Perso die Berliner Regierung so tut als würde sie von Brüssel unter Druck gesetzt, stimmt das nicht. Denn die Vorgaben in Brüssel werden durch die nationalen Regierungen (EU-Rat) in die Kommission eingebracht, zumeist von Frankreich, dem UK oder der BRD. Von deutscher Seite geschieht das meist noch durch massiven Lobbyismus der Bertelsmann-Stiftung. So auch im Bereich der Inneren Sicherheit (Innere Sicherheit ist Neusprech für Repression). Dies zeigt sich etwa in der Entwicklung zum Vertrag von Prüm und der Future Group. Ratsmitteilung 5904 1 10 (pdf, S. 5) zeigt, dass noch 2010 die Biometrie-Experten für das Prüm-System unter einer BKA-Mailadresse erreichbar waren.

Drastisch ist auch die geplante der Speicherung von potentiellen "Troublemakern" in dem Fahndungssystem SIS, einer Idee der deutschen Regierungen seit den Gipfeln von Göteborg und Genua im Jahre 2001. Eine schöne Abhandlung darüber steht in der [[http://www.statewatch.org/analyses/no-93-troublemakers-apr-10.pdf|Analyse 93 der britischen Bürgerrechtsorganisation Statewatch]], die auf den bemerkenswerten Umstand verweist, dass auch nach fast zehn Jahren Lobbying außer der BRD nur Dänemark das Konstrukt von zukünftigen "Gewalttätern" überhaupt in Rechtsform gebracht haben und die BRD immer noch allein steht in deren datenbankmäßiger Erfassung. Der Stand 2009 ist in Ratsdokument 5450/09 niedergelegt.

Der Dissens zwischen Bundesregierung und fast allen anderen Machthabern innerhalb der EU zeigt sich auch an den Machbarkeitsstudien zu EPRIS und der Gefährder-Datei; vgl. Geschichte von EPRIS.

TODO: Troublemaker/Gefährder-Datei als Extra-Thema ausgliedern

Forschungs-Rahmenprogramme

Im Rahmen ihrer Forschungsrahmenprogramme legt die EU inzwischen regelmäßig auch Förderprogramme für so genannte Sicherheitsforschung auf. Dabei geht es um Katastrophenschutz, Schutz vor Massenpaniken bei Großereignissen, Migrationskontrolle, Computergestützte Auswertung der Videoüberwachung und vieles weitere.

Für das FP7 zeigt ein Katalog von Projekten im Sicherheitsbereich der EU-Kommission das Spektrum der geförderten Vorhaben -- und auch, wie die Programme häufig nur schlecht getarnte Industriesubvention sind.

Die Informationsstelle Militarisierung in Tübingen weist dabei auf die Verbindungen zum Militärisch-Industriellen Komplex hin: ("Rüstung durch die Hintertür: Das EU-Sicherheitsforschungsprogramm").

INDECT

Mit dem Projekt INDECT sollen alle Datenbanken und sonstigen gewonnenen Erkenntnisse der europäischen Sicherheitsbehörden mittels Data Mining zur Vorhersage von Verbrechen verknüpft werden. INDECT war eines der ersten EU-"Sicherheitsforschungs"-Projekte, die größere öffentliche Aufmerksamkeit erhielten, unter anderem aufgrund eines vom Projekt selbst produzierten Werbevideos (Warnung: 40 MB), das schon fast denunziatorisch die Überwachungsfantasien der Macher darstellte.

SAMURAI

SAMURAI Suspicious and Abnormal behaviour Monitoring Using a netwoRk of cAmeras & sensors for sItuation awareness enhancement

Intelligente Videoüberwachung in Bahnhöfen, Flughäfen und Einkaufszentern.

ODYSSEAY

ODYSSEAY Strategic Pan-European Ballistics Intelligence Platform for Combating Organised Crime and Terrorism

Eine Art EU-weite Datensammlung zum Waffenschmuggel, dabei sollen auf die Daten auch Data Mining Programme angewendet werden.

AMASS

AMASS Autonomous Maritime Surveillance System

Automatische Detektion von Flüchtlingsbooten koordininiert von Carl Zeiss.

Godiac

Godiac ist ein internationalem Forschungsvorhaben unter Leitung der schwedischen Polizei mit, das sich „Good practice for dialogue and communication as strategic principles for political manifestations in Europe“ nennt. Das Ziel ist es Demonstrationstaktiken zu erforschen und es steht unter der Leitungs Schwedens. Deutschland ist Niedersachsen durch zwei MitarbeiterInnen des Sozialwissenschaftlichen Dienst der niedersächsischen Polizei und durch die Deutsche Hochschule für Polizei in Münster (NRW) an dem Projekt beteiligt. Erste Feldforschungen fanden bei den Castor-Transporten 2010 in Niedersachsen statt.

Wahrscheinlich tote Projekte

In der EU blüht das Projektwesen -- irgendwer kriegt ein "Projekt", labt sich ein paar Jahre an den Fleischtöpfen und zieht dann weiter. Wir glauben, dass die folgenden Datenbanken nicht mehr wirklich betrieben werden. Wer Gegenteiliges weiß: Dies ist ein Wiki.

Informelle Initiativen

CoPPra

Eine von der belgischen EU-Präsidentschaft ins Leben gerufene Initiative, die das Ziel hatte, durch offenbar eher konventionalle Polizeiarbeit „Radikalisierungsprozesse” aufzudecken. Dabei ist von Deutscher Seite die Polizei NRW beteiligt. Laut NRW-Landtagsdrucksache 15/1867 (2011) sei diese da nur so mit reingerutscht, da ein Beamter des Innenministeriums NRW zum Entstehungzeitpunkt in den Europarat abgeordnet gewesen wäre.

Offizielle CoPPra Webseite

OPC

OPC (Observatory for the Prevention of Crime) im Stockholm-Programm 2010 vorgeschlagene Institution up an Observatory for the Prevention of Crime (OPC), "the tasks of which will be to collect, analyse and disseminate knowledge on crime (including statistics) and crime prevention"

Das OPC soll ein "Instrument zum Beobachten von Radikalisierungsprozessen innerhalb der EU sein. Das Ratsdokument 8570/10 schlägt dazu ein "Instrument" vor, mit dem die Mitgliedsstaaten, Europol, Eurojust und der EU-Geheimdienst SitCen Informationen über Menschen austauschen sollen, von denen sie glauben, sie wollten TerroristInnen werden. In der Fassung von 2010 klingt das recht nebulös, so dass unklar ist, was da eigentlich geplant ist.

Remote Forensic Software User Group

Die Remote Forensic Software User Group ist eine im Jahre 2008 gegründete Gruppe. Anlaß ihrer Gründung war laut Junger Welt vom November 2011 die Promotion für deutsche Staatstrojaner auf internationalem Parkett: Zu Beginn firmierte der Polizeizusammenschluß sogar noch als DigiTask User Group. Beteiligt sind neben dem BKA Belgien, die Niederlande, Österreich und die Schweiz und die Bundesländer BaWü und Bayern.

ECG

Die European Cooperation Group on Undercover Activities" (ECG) ist ein informeller Zusammenschluss von den meisten EU-Staaten (ausgenommen Griechenland, Irland, Luxemburg, Malta und Zypern) und weiteren europäischen Ländern zur Koordinierung von europaweiten Einsätzen von Verdeckte Ermittler. Die ECG existiert laut Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken seit 2001. Die Treffen werden einmal jährlich in einem ECG-Mitgliedstaat abgehalten. Internationale Organisationen wie Interpol oder Europol seien wie "privatrechtliche Organisationen" nicht beteiligt.