Revision 1 vom 2019-01-22 19:57:10

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Passenger Name Records sind umfangreiche Datensätze über Flugpassagiere, die bei den Fluggesellschaften anfallen und von zahlreichen staatlichen Stellen in großen Mengen und für lange Zeiten gespeichert werden.

Die BRD gönnt sich seit 2018 im Rahmen einer EU-weiten Umsetzung auch ein eigenes PNR-System, in dem die Daten aller Flugzeugreisenden von und nach Deutschland erfasst werden sollen, Inlandsflüge sind offenbar ausgenommen.

Konzept

Gemäß der Rechtsgrundlage Fluggastdatengesetz soll die beim BKA angesiedelte Fluggastdatenzentralstelle folgende Daten aller Flugreisenden von den Airlines erhalten und 5 Jahre speichern (§2 Abs. 2 FlugDaG):

1. Familienname, Geburtsname, Vornamen und Doktorgrad des Fluggastes,

2. Angaben zum Fluggastdaten-Buchungscode,

3. Datum der Buchung und der Flugscheinausstellung,

4. planmäßiges Abflugdatum oder planmäßige Abflugdaten,

5. Anschrift und Kontaktangaben, einschließlich Telefonnummer und E-Mail-Adresse,

6. Flugscheindaten, einschließlich Flugscheinnummer, Ausstellungsdatum, einfacher Flug und automatische Tarifanzeige,

7. vollständige Gepäckangaben,

8. etwaige erhobene erweiterte Fluggastdaten (Advance Passenger Information-Daten), einschließlich Art, Nummer, Ausstellungsland und Ablaufdatum von Identitätsdokumenten, Staatsangehörigkeit, Familienname, Vornamen, Geschlecht, Geburtsdatum, Luftfahrtunternehmen, Flugnummer, Tag des Abflugs und der Ankunft, Flughafen des Abflugs und der Ankunft, Uhrzeit des Abflugs und der Ankunft,

9. sonstige Namensangaben,

10. alle Arten von Zahlungsinformationen, einschließlich der Rechnungsanschrift,

11. gesamter Reiseverlauf für bestimmte Fluggastdaten,

12. Angaben zum Vielflieger-Eintrag,

13. Angaben zum Reisebüro und zur Sachbearbeiterin oder zum Sachbearbeiter,

14. Reisestatus des Fluggastes mit Angaben über Reisebestätigungen, Eincheckstatus, nicht angetretene Flüge und Fluggäste mit Flugschein aber ohne Reservierung,

15. Angaben über gesplittete und geteilte Fluggastdaten,

16. allgemeine Hinweise, einschließlich aller verfügbaren Angaben zu unbegleiteten Minderjährigen unter 18 Jahren, wie beispielsweise Namensangaben, Geschlecht, Alter und Sprachen der oder des Minderjährigen, Namensangaben und Kontaktdaten der Begleitperson beim Abflug und Angabe, in welcher Beziehung diese Person zu der oder dem Minderjährigen steht, Namensangaben und Kontaktdaten der abholenden Person und Angabe, in welcher Beziehung diese Person zu der oder dem Minderjährigen steht, begleitende Flughafenmitarbeiterin oder begleitender Flughafenmitarbeiter bei Abflug und Ankunft,

17. Sitzplatznummer und sonstige Sitzplatzinformationen,

18. Angaben zum Code-Sharing,

19. Anzahl und Namensangaben von Mitreisenden im Rahmen der Fluggastdaten und

20. alle vormaligen Änderungen der unter den Nummern 1 bis 19 aufgeführten Fluggastdaten.

Die Daten werden für fünf Jahre gespeichert und sollen nach 6 Monaten "maskiert" werden, wobei sie, falls sie gebraucht werden, jederzeit "unmaskiert" werden können, was die Maskierung doch als einen eher schlechten Witz erscheinen lässt. Unklar ist zum aktuellen Zeitpunkt allerdings, ob "maskierte" Daten bei einer Auskunftsanfrage mit beauskunftet werden, solltet ihr Auskunft zu PNR erhalten, die älter als 6 Monate sind, wäre Feedback hilfreich. Die Daten werden vor der Reise systematisch mit den Datenbanken INPOL und SIS abgeglichen, um Personen zu finden, die bestimmte Straftaten begangen haben sollen. Was passiert, wenn Reisenden andere, nicht vom FlugDaG umfasste begangene Straftaten begangen haben, bleibt unklar, eigentlich sollte die Software so laufen, dass sie in diesen Fällen nicht anschlägt, was aber nicht zwangsläufig heißen muss, dass sie das auch tut.

Daneben sollen auch sogenannte Muster abgeglichen werden (§4 Abs. 3 FluDaG), die dann nur anhand der Fluggastdaten potentielle Straftäter*innen ermitteln sollen.Stand Oktober 2018 findet dies in der Praxis mangels funktionierender Software, die das kann, noch nicht statt. Im Gesetz wird äußerst halbherzig versucht, mit einem Halbsatz racial profiling zu vermeiden, mit dieser Formulierung ist nur halt wohl schon "hat ein Halal-Menü bestellt" zulässiger Anhaltspunkt für "könnte ein Terrorist sein".

Lesenswert für juristisch interessierte Kreise ist die Stellungnahme des Deutschen Richterbunds (Achtung, Link geht zum BKA), denn der hat rechtsstaatliche Bedenken(!) und sieht allerlei Grundrechtsbrüche und Nichteinhaltungen der EU-Richtlinie. An sich nicht überraschend, in dieser Deutlichkeit von diesem Akteur aber schon.

Umsetzung

Das Gesetz wurde im Mai 2018 verabschiedet, im August nahm die Fluggastdatenzentralstelle ihren Betrieb auf, im Oktober waren laut der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag ganze drei Fluggesellschaften an das System angeschlossen (welche genau, ist Staatsgeheimnis), mittlerweile sind es wahrscheinlich ein paar mehr. Hier freuen wir uns auf Feedback, zu welchen Airlines ihr Positivauskünfte erhaltet.

Eine Auskunftsanfrage funktioniert über die BKA-Auskunftsanfrage auf der datenschmutz-Auskunftsersuchensseite. Alternativ gibt es ein eigenes Prozedere auf der BKA-Website.

Leseempfehlung: kleine Anfrage der Linksfraktion zum Thema, BT-Drs. 19/4755.